Mehr als 23 Tonnen Kokain soll eine mutmaßliche Bande von Drogenhändlern aus Süd- und Mittelamerika in die Europäische Union verschifft haben. Allein 16 Tonnen entdeckten Zollfahnder im Februar 2021 im Hamburger Hafen. Der Rekordfund wird einer international agierenden Tätergruppe zugeordnet, die nach Überzeugung der Ermittler am Mittwoch zerschlagen wurde.
Bei einer groß angelegten Razzia seien Wohnungen und Geschäftsräume in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Spanien und Paraguay durchsucht worden. Rund 20 Verdächtige seien vorläufig festgenommen worden – darunter auch mutmaßliche Drahtzieher.
»Die Festnahmen betreffen nicht die ›kleinen Fische‹, sondern die Köpfe der Organisation«, sagte Bernd Gründel, Vizepräsident des Landeskriminalamts (LKA) Niedersachsen. So sei in Dubai am frühen Donnerstagmorgen ein 39 Jahre alter Deutscher mithilfe der örtlichen Polizei gefasst worden.
Mutmaßliche Drahtzieher vorbestraft
Der gebürtige Hannoveraner habe sich schon Ende 2020 in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt. Damals habe sein langjähriger Freund die Geschäfte in Hannover übernommen, heißt es. Der 43-Jährige sei gemeinsam mit zwei Komplizen Mitte März 2022 in Spanien festgenommen worden. Auch er sei ein führender Kopf. »Beide Personen sind einschlägig vorbestraft«, sagte der leitende Kriminaldirektor des LKA, Christian Zahel.
Bereits seit 2020 sei die »Gemeinsame Ermittlungsgruppe Rauschgift« (GER) von LKA und Zollfahndungsamt Hannover den international agierenden Rauschgiftschmugglern auf der Spur. Im März 2021 habe es eine erste große Razzia mit vielen Festnahmen gegeben. Mehrere Beschuldigte seien bereits verurteilt worden.
An diesem Mittwoch seien bei einer zweiten Großrazzia allein in Deutschland elf Haftbefehle vollstreckt sowie 35 Objekte durchsucht worden, der Schwerpunkt habe im Großraum Hannover gelegen. Insgesamt würden 14 Personen aus Deutschland in dem Fall beschuldigt, heißt es. Sie sollen zwischen 26 und 57 Jahre alt sein und verschiedene Nationalitäten haben.
Wie die europäische Polizeibehörde Europol mitteilt, soll die Bande auch über ein großes Netzwerk an legalen Unternehmen verfügt haben, die sie missbraucht habe, um Drogen in die EU zu schmuggeln. Laut LKA wurden auch Bananen- und Kaffeelieferungen zur Verschleierung der Drogentransporte genutzt.
Im Hintergrund habe es ein Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen gegeben, heißt es. Eine Logistik sei aufgebaut worden mit Lagerhallen sowie Transportunternehmen.
Belgische Ermittler sprechen von 35 Tonnen Kokain
Die belgische Staatsanwaltschaft ordnet der Organisation Drogenlieferungen von insgesamt 35 Tonnen Kokain im Jahr 2021 zu. Diese hätten einen Straßenverkaufswert von über 900 Millionen Euro. Kurz nach dem Rekordfund in Hamburg seien in Antwerpen zunächst 7,7 Tonnen Kokain und wenig später 10,9 Tonnen Kokain gefunden worden.
Durch die Entschlüsselung von Nachrichten im Messengerdienst Sky ECC seien die Behörden dem internationalen Drogenschmuggel auf die Spur gekommen, heißt es.
Ergebnisse der Razzien
Deutschland: Bei den Durchsuchungen am Mittwoch in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stellten die Beamten laut Staatsanwaltschaft Hannover schriftliche Unterlagen, digitale Beweisträger, kleinere Mengen Cannabis sowie eine Schusswaffe sicher. Zudem seien Vermögenswerte in Höhe von 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt worden – darunter hochwertige Uhren, eine Immobilie, zwei Autos und ein Motorrad.
Belgien: Die belgischen Ermittler teilen mit, sie hätten in Antwerpen fünf Männer festgenommen. Sie sollen zwischen 27 und 38 Jahre alt sein.
Niederlande: Nach Angaben des LKA nahm die niederländische Polizei drei Personen fest und beschlagnahmte unter anderem mehrere Wohnungen sowie vier Millionen Euro.
Spanien: Hier seien Luxuswaren und eine Luxusvilla im Wert von fünf Millionen Euro beschlagnahmt worden, heißt es.
Paraguay: Den Angaben zufolge wurden in der Region Asunción sechs Objekte, darunter Firmen- und Geschäftsräume durchsucht. Laut LKA wurden umfangreiche Beweismittel gesichert, welche die Bereitstellung und Ausfuhr des Kokains durch die Gruppe belegten.