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News: Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz, Ukraine, Elektronikkette Conrad

Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:

  1. Steinmeier nicht in der Ukraine – Wie sauer ist die SPD?

  2. Hamsterkäufe im Supermarkt – Wird bald das Mehl knapp?

  3. Elektronikkette schließt fast alle Filialen – Conr-a.D.?

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1. Ausgeladen, aufgeladen

In der Causa des von der Ukraine ausgeladenen Bundespräsidenten versucht die SPD den Eindruck zu vermeiden, sie spiele die beleidigte Currywurst:

  • Man werde »darauf achten, dass dieser Vorgang unsere Zusammenarbeit nicht gefährden wird«, erklärt Fraktionschef Rolf Mützenich.

  • »Ich bin nicht beleidigt. Ich erwarte keine Dankbarkeit. Ich bin bereit, die Politik der letzten Jahre aufzuarbeiten«, twittert die Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori.

  • »Dass Politik korrigiert werden muss (Energieabhängigkeit, Zustand Bundeswehr, vermutete Rationalität Putins), stimmt«, postet der ehemalige stellvertretende Parteivorsitzende und Abgeordnete Ralf Stegner.

Allen Äußerungen voran- oder nachgestellt ist jedoch mindestens ein Aber: Den Vorwürfen an Steinmeier fehle es an Substanz und Niveau, die Ausladung werde den deutsch-ukrainischen Beziehungen nicht gerecht, sie sei unangemessen und unnötig. Eine Demütigung, ein Affront – das sind die Vokabeln. Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer lässt sich von meinen Kollegen Kevin Hagen und Veit Medick zitieren mit den Worten: »Nachtragen ist in Ordnung – nachtreten geht nicht.« Als diplomatischen Tiefschlag empfinden sie es, nicht nur in der SPD.

Wie es überhaupt dazu kam, dass Steinmeiers Kiewreise plötzlich scheiterte, hat Veit ebenfalls recherchiert. Er schildert die Geheimgespräche vom Wochenende, berichtet von einem geplatzten Telefonat mit Selenskyj und dem Schock bei Steinmeiers Leuten. »Der Fall legt offen, unter welch enormen Spannungen Politik in diesen Wochen stattfindet, gerade in Europa«, schreibt Veit. (Hier finden Sie die Rekonstruktion.)

Heute dann hat sich auch Olaf Scholz zu dem Vorgang geäußert. Der Kanzler (inoffizielles Motto »Wir sind nie beleidigt – wir sind nie hysterisch«) bezeichnete es als »irritierend«, dass die Ukraine den geplanten Besuch von Steinmeier abgelehnt hat. Der Bundespräsident wäre gerne gefahren, sagte Scholz. »Deswegen wäre es auch gut gewesen, ihn zu empfangen.« Er selbst plane in nächster Zeit keine Reise in die Ukraine, sagte Scholz. (Hier mehr.)

Wie hysterisch die Debatte mittlerweile geführt wird – und wie tief die Wut auf Deutschland in Teilen Europas ist, zeigt ein Brief des ehemaligen Präsidenten Litauens, über den mein Kollege Markus Becker berichtet: In dem Schreiben macht Vytautas Landsbergis, erster Präsident Litauens nach der Unabhängigkeit im Jahr 1990, sowohl Steinmeier und Scholz direkt für Putins Verbrechen mitverantwortlich.

Und hier weitere Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

2. Verführung des Kaum-Verfügbaren

Seien Sie ehrlich, kaufen Sie nicht manchmal auch mehr Mehl, Hefe, Haferflocken, Dosensuppen, Klopapier als vor der Pandemie und dem Krieg? Seit Jahren kochen Sie nur mit Olivenöl, das ein Kollege halblegal aus Italien importiert, doch jetzt überlegen Sie, ob Sie nicht doch vielleicht ein paar Flaschen Sonnenblumenöl horten sollten? Dem inneren Schweinehamster ist schwer zu widerstehen – je leerer die Supermarktregale, desto lauter sein Ruf: Lege Vorräte an!

Jetzt gibt der Deutsche Bauernverband Entwarnung: Verbraucher müssten sich keine Sorgen machen, dass Grundnahrungsmittel knapp werden, sagt der stellvertretende Generalsekretär Udo Hemmerling meiner Kollegin Maria Marquart. Allerdings sagt Hemmerling auch: »Wir müssen uns daran gewöhnen, dass nicht alles immer verfügbar ist.« Und daran, dass vieles teurer wird.

Maria sagt: »Handel und Landwirtschaft wollen die Verbraucher dafür sensibilisieren, dass die Lieferketten im Moment sehr fragil sind, zugleich wollen sie keine Panik schüren – ein ziemlicher Balanceakt.«

Eine Mitschuld tragen demnach wir, die wir den Panikkauf-Impulsen nachgeben: »Das Verhalten der Verbraucher macht es logistisch schwieriger«, sagt der Bauernfunktionär. »Aktuell gibt es in der EU einen Mangel an Lkw-Fahrern, weil viele aus der Ukraine stammen und nun dort ihr Land verteidigen. Teils wird Verpackungsmaterial knapp.« Kein Versorgungsmangel also, sondern ein Verteilungsproblem. Ich bin nicht sicher, ob das hilft, den inneren Schweinehamster zu bändigen.

3. Ersatzteile und herrsche

Eine traurige Nachricht für alle Bastler: Die Elektronikkette Conrad stampft ihr Offlinegeschäft ein, bis zum Jahresende machen Filialen in Städten wie Berlin, Hamburg und München dicht. Nur wer zufällig in der Nähe des Firmensitzes im bayerischen Hirschau wohnt, kann weiter vor Ort nach Handyhalterungen mit Saugnapf, Wippschaltern und Überspannungsschutz-Steckdosenleisten stöbern: Der Laden im nahe gelegenen Wernberg-Köblitz soll als einziger langfristig offen bleiben.

Ich denke mit derselben Wehmut an meine ersten Conrad-Einkäufe zurück, mit der ich mich an meine ersten CDs erinnere (»Bravo Hits« noch ohne Nummer, »Waking up the Neighbours« von Bryan Adams und die Maxi »It’s my Life« von Dr. Alban – wenn Sie Ihre Auswahl für weniger peinlich halten, schreiben Sie mir an lageamabend@spiegel.de). Wenn ich mich richtig erinnere, war das in etwa die Zeit, in der ich »Die drei ???« hörte und mit Schulfreunden ein eigenes Detektivbüro gründete, im Keller des Bioladens meiner Eltern. Verlängerungskabel, Lüsterklemmen und diese Mini-Kassetten fürs Diktiergerät – alles, alles gab es bei Conrad. Nur einen Anrufbeantworter konnten wir uns nicht leisten, anders als Justus, Peter und Bob. Ich nehme an, das erklärte die maue Auftragslage: Wir waren einfach schlecht zu erreichen.

Später kauften wir unsere ersten Modems bei Conrad, 2400 bit pro Sekunde. Das war zwar langsamer als heute Edge auf dem Smartphone, aber es erlaubte den Zugang in eine vollkommen neue Welt: Mailboxen, das frühe Internet, E-Mails. Ein Mitglied aus unserer Detektivbande, ich nenne keine Namen, verlor sich allerdings so sehr in dieser Welt, dass die Polizei eines frühen Morgens mit einem Durchsuchungsbeschluss bei ihm anrückte. Er hatte eine der führenden Hacker-Mailboxen aufgebaut und seine Neugier endete nicht immer dort, wo es die Sicherheitsbeauftragten von großen Konzernen gerne gehabt hätten. Seine Ausrüstung kaufte er, jede Wette, bei Conrad.

(Sie möchten die »Lage am Abend« per Mail bequem in Ihren Posteingang bekommen? Hier bestellen Sie das tägliche Briefing als Newsletter.)

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Die Spritpreise in Deutschland sinken: Wer an den Feiertagen günstig mit dem Auto verreisen will, hat jetzt die Gelegenheit. Die Spritpreise liegen so niedrig wie seit Wochen nicht mehr. Am Wochenende dürften sie aber wieder steigen.

  • Bundeskabinett beschließt Renten-Rekordplus: Für Rentner im Westen ist es die größte Steigerung seit 1983. Sozialverbände und Gewerkschaften befürchten jedoch, dass die Ruheständler wenig davon haben werden.

  • Mutmaßlicher türkischer Agent Ali D. angeklagt: Er soll in Deutschland Informationen über Unterstützer der PKK sowie der Gülen-Bewegung gesammelt haben. Nun soll der Fall vor Gericht kommen.

  • Superimpfstoff gesucht: Die Coronapandemie wird uns noch länger begleiten. Forscher arbeiten deshalb an der Entwicklung besserer Impfstoffe. Sie sollen auch vor kommenden Varianten schützen. Welches Mittel kann ihnen trotzen?

Meine Lieblingsgeschichte heute: Wie erkläre ich Kindern den Krieg?

»Wer haut jeden Gegner weg? Blau-Gelb.« Wenn Sie ein Kind so etwas aus einem Lastenrad grölen hören, müssen Sie keine Frühpolitisierung fürchten. Meiner Erfahrung nach handelt es sich nicht um Kommentare zum Krieg in der Ukraine, sondern um den Spruch der »Teufelskicker« – einer mir aus unerfindlichen Gründen bei fußballbegeisterten Minderjährigen beliebten Hörspielreihe über den SV Blau-Gelb. Einziger Pluspunkt: Die Stimme von Justus Jonas ist als Trainer Norbert zu hören.

Aber auch »Teufelskicker«-Hörer haben Fragen zur Klimakrise, zu Corona, zum Krieg in der Ukraine: Was derzeit in den Nachrichten läuft, löst bei ihnen oft Angst, Trauer oder Hilflosigkeit aus. Wie Kinder mit diesen Gefühlen besser umgehen können, darum geht es in der neuen Ausgabe von »Dein SPIEGEL«, dem Nachrichtenmagazin für Kinder. Sie finden das Heft seit Dienstag am Kiosk – Eltern und Großeltern, Paten, Onkel, Tanten können es auch online bestellen.

  • Und hier erklären meine Kolleginnen Claudia Beckschebe und Alexandra Klaußner sowie mein Kollege Marco Wedig kindgerecht, wie die Lage in der Ukraine ist.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • »Er wird weiter stehlen und Geld aus Europa veruntreuen«: Viktor Orbán konnte bei der Wahl den Kandidaten der Opposition deklassieren. Hier erklärt der unterlegene Péter Márki-Zay, warum er verloren hat – und was dem Land nun bevorsteht.

  • Die fatale Kaderpolitik des FC Bayern: Seit seinem Champions-League-Sieg 2020 ist die Mannschaft des FC Bayern konsequent schwächer geworden. Das Viertelfinal-Aus gegen Villarreal darf daher niemanden wundern. Ist der Klub jetzt bereit für ein Umdenken?


Was heute weniger wichtig ist

Bauchentscheidung: Die hochschwangere Rihanna, 34, posiert für das Cover der Mai-Ausgabe der amerikanischen »Vogue«. Sie und das Modemagazin haben eine Serie von Fotos veröffentlicht, die von der Fotografin Annie Leibovitz, 72, aufgenommen wurden. Zu sehen ist die Sängerin mal in Leder-Outfits und Spitze, mal nackt in einer Badewanne. Das Titelbild zeigt sie in einem orangeroten, hautengen Bodysuit. Zitieren lässt sie sich mit den Worten: »Mein Körper leistet gerade unglaubliche Dinge, und ich werde mich dafür nicht schämen.«

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »Am Abend ist aus dem Kanzleramt zur Einlandung aus Kiew erst einmal nichts zu hören.«

Cartoon des Tages: Spezialaktionsverbrecher


Foto: Klaus Stuttmann

Und heute Abend?

Könnten Sie im linearen Fernsehen »Die Passion« gucken. RTL inszeniert die letzten Tage von Jesus Christus als Livespektakel in Essen. Ich bin allerdings unsicher, ob sich das Zusehen lohnt.

Meine Kollegin Anja Rützel hat mit den Hauptdarstellern Alexander Klaws (erste Staffel DSDS) und Mark Keller (»Alarm für Cobra 11«, »Tatort«, »Der Bergdoktor«) über die Show gesprochen. Klaws sagt: »Meine Herausforderung ist es, Jesus nicht zu spielen, sondern zu sein.« Und Keller sagt über seine Rolle: »Judas ist einer, der hin- und hergerissen ist, der die Nähe zu Jesus suchte, weil er den ganz cool fand – aber dann waren da auch Petrus und die anderen, denen Jesus seine Aufmerksamkeit schenkte. Plötzlich war die Eifersucht da, und dann kam es halt zum Verrat.«

Anja findet: »Das könnte, wenn man die Geschichte so entkernt, auch eine klassische Soap-Handlung sein.« Nur so eine Idee: Die Bibel – gute Seiten, schlechte Seiten.

Einen gesegneten Fernsehabend.
Ihr Oliver Trenkamp

Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.

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