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Welt

des Tages: Putins Soldaten, Impfpflicht gescheitert, NRW-Ministerin nach der Flut //

Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:

  1. Interner Funkverkehr: Wie grausam sind Putins Soldaten?

  2. Impfpflicht gescheitert: War’s das, Karl Lauterbach?

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  3. Party auf Mallorca: Warum verschwand die NRW-Ministerin nach der Flut?

1. Wie russische Soldaten uber ihre Graueltaten plaudern

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat den Funkverkehr russischer Militars aus der Region nordlich von Kiew abgefangen und dadurch neue, erschutternde Informationen zu Graueltaten nahe Kiew erhalten. In Funkspruchen werden Morde an Zivilisten besprochen. Nach Informationen des SPIEGEL konnten sich einzelne dieser Funkspruche womoglich Bildern von Leichenfunden in Butscha zuordnen lassen. In einem Funkspruch soll ein Soldat sagen: Man befrage Personen zunachst, dann erschiesse man sie. In Butscha wurden am Wochenende ein Massengrab und Dutzende Leichen von Zivilisten entdeckt. Die Hande mancher von ihnen waren gefesselt, andere Korper zeigten Spuren von Folter.

Nach SPIEGEL-Informationen hat der BND heute im parlamentarischen Raum uber seine Erkenntnisse informiert. Soldnertruppen wie die >>Wagner Gruppe<< seien massgeblich an den Graueltaten beteiligt gewesen. Die Funkmitschnitte deuteten darauf hin, dass Morde an Zivilisten fur russische Militars normal oder gar Teil der Strategie sind. Laut BND unterhalten sich die Soldaten uber die Graueltaten wie uber Alltagliches. Bei einigen Funkspruchen geht es offenbar nicht um Butscha, sondern um Geschehnisse an anderen Orten. Gab es also weitere Graueltaten, etwa in Mariupol?

Die Funkspruche bestatigen die Kriegsverbrechen, von denen Augenzeugen auch dem SPIEGEL bereits berichtet haben. Neben vielen anderen Beweisen entlarven sie die Lugen der russischen Fuhrung, man habe mit den Leichen von Zivilisten nichts zu tun.

Die Funkspruche konnten irgendwann eine Rolle in Kriegsverbrecherprozessen spielen. Sie zeigen aber auch, dass wir nicht zogern durfen, die Ukraine mit weiteren Waffen gegen Putins schandliche Truppen zu unterstutzen.

Und hier mehr Hintergrunde und Nachrichten zum Krieg in der Ukraine

  • >>Wir gehen irgendwohin, wo es keine Explosionen gibt<<: Die Bilder getoteter Zivilisten nahe Kiew bereiten auch andernorts in der Ukraine Angst. Im Osten, wo die Angriffe intensiver werden, ergreifen verzweifelte Menschen die Flucht.

  • Video zeigt Hinrichtung eines russischen Soldaten durch Ukrainer: Fur die Ukraine kampfende Soldaten toten einen schwer verletzten russischen Kombattanten: Das Video kursiert seit Tagen im Netz, die Tat ware ein Kriegsverbrechen. Nun hat die >>New York Times<< die Aufnahme uberpruft.

  • Menschenrechtler haben neue Beweise fur weitere Kriegsverbrechen der Kremltruppen: Amnesty International hat mehrere Vergehen russischer Soldaten in der Ukraine dokumentiert – darunter Hinrichtungen Unbewaffneter und Vergewaltigungen. Die Betroffenen berichten von roher Gewalt.

  • >>Russland stellt sich selbst eine geopolitische Falle<<: Unterdruckung im Inneren, Aggression nach aussen: Putins Vorgehen folgt einem bekannten Muster, sagt der Historiker und Stalin-Biograf Stephen Kotkin. Einem, an dem das Land seit Jahrzehnten scheitert.

  • Selenskyj fordert Hilfe fur belagertes Mariupol: Seit Wochen wird Mariupol von Russen belagert, nun skizziert der ukrainische Prasident Selenskyj das Bild einer Stadt in Trummern. Vor dem griechischen Parlament bittet er um Unterstutzung fur die Eingeschlossenen.

  • Wie lasst sich prufen, welche Waffen Russland einsetzt – und noch einsetzen wird? Experten furchten, dass Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine nukleare oder chemische Waffen nutzen konnte. Lasst sich das beweisen? Oder gar vorhersehen? Satellitenbilder werden fur diese Einschatzungen immer wichtiger.

  • Alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine im News-Update

2. Scholz, Lauterbach und das Impfdebakel

Eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona wird es in Deutschland vorerst nicht geben – nicht einmal fur Menschen ab 60. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Vertretern der Ampelkoalition scheiterte heute im Bundestag. Das ist eine krachende Niederlage fur Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach: Beide hatten fur den Entwurf geworben. Doch nur 296 Abgeordnete stimmten fur die Impfpflicht, 378 dagegen. Dabei hatte Scholz die grune Aussenministerin Annalena Baerbock extra gebeten, ihr Nato-Treffen wegen der Abstimmung zu unterbrechen, im Glauben, es komme auf jede Stimme an.

Die Impfpflicht-Befurworter bei SPD, Grunen und FDP schafften es noch nicht einmal, sich in einem Streit uber das Abstimmungsprozedere durchzusetzen. Sie wollten zunachst uber einen Antrag von CDU und CSU abstimmen lassen, scheiterten aber auch damit an der Mehrheit im Parlament.

Kanzler ohne Mehrheit: Eine solche Schlagzeile gibt es normalerweise am Ende einer Kanzlerschaft, nicht wenige Monate nach ihrem Beginn. Weil es bei der Abstimmung keinen Fraktionszwang gab, wird Scholz die Niederlage uberstehen. Doch was sagt es uber Scholz und seine Koalition aus, wenn sie bei einem so wichtigen Thema wie der Coronabekampfung keine gemeinsame Linie hat? Mein Kollege Markus Feldenkirchen kommentiert: >>Fuhrung bestellt, Fiasko bekommen.<<

Ich bin selbst gegen eine allgemeine Impfpflicht, finde aber, dass es gute Argumente fur eine Regelung ab 60 gab. Das Risiko schwerer Krankheitsverlaufe ist bei den Alteren besonders gross. Waren sie alle geimpft, konnte auch das Gesundheitswesen vor Uberlastung geschutzt werden. Meine Kollegin Veronika Hackenbroch, selbst Medizinerin, schrieb diese Woche in einem Kommentar: >>Die Impfquote in der alteren Bevolkerung bestimmt wesentlich daruber, wie viel Freiheit, Stabilitat und Normalitat fur uns alle moglich ist.<<

Ich glaube, dass es ein Fehler von Lauterbach und Co. war, sich nicht von Anfang an auf die Alteren konzentriert zu haben. Erst wollten sie die Impfpflicht ab 18, dann ab 50. So vermittelten sie den Eindruck von Beliebigkeit statt Wissenschaftlichkeit, von Geschacher statt Strategie. Hinzu kommt, dass Lauterbachs Glaubwurdigkeit nach einer Serie von Pannen schwer gelitten hat.

Auf Twitter schrieb Lauterbach heute, jetzt werde die Bekampfung von Corona im Herbst viel schwerer werden. >>Es helfen keine politischen Schuldzuweisungen – wir machen weiter<<, schrieb der Gesundheitsminister. Es klingt wie die Durchhalteparole eines Verzweifelten.

3. Die Flut und die Abtauch-Ministerinnen

Was tut eine Landesumweltministerin, in deren Land sich eine Umweltkatastrophe mit vielen Toten und Verletzten ereignet? Die Grune Anne Spiegel, heute Bundesfamilienministerin, damals Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, sorgte sich vor allem um ihr Image, als im vergangenen Sommer 134 Menschen an der Ahr ertranken. Sie hatte darauf verzichtet, die Menschen zu warnen, als noch Zeit gewesen ware, sich in Sicherheit zu bringen. Anderntags verschickte sie hektisch eine SMS an ihren Pressesprecher, sie brauche ein >>Wording<<, um ihr Versaumnis zu kaschieren.

Und CDU-Frau Ursula Heinen-Esser, Umweltministerin in Nordrhein-Westfalen, wo 49 Menschen ertranken? Sie kam am Tag nach der Flut aus Mallorca, wo sie ihren Zweitwohnsitz hat. Doch schon zwei Tage spater flog sie auch wieder zuruck auf die Insel, wegen ihrer minderjahrigen Tochter, so ihre Begrundung. Und noch ein paar Tage spater war sie schon wieder auf Mallorca, wie der >>Kolner Stadt-Anzeiger<< jetzt herausfand. Diesmal, um den Geburtstag ihres Mannes zu feiern, zusammen mit weiteren Mitgliedern der NRW-Regierung. Sie habe nach der Flut ihre Amtsgeschafte aus Spanien gefuhrt, erklarte Heinen-Esser. Dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss hatte sie die Sache mit der Geburtstagsfeier aber bislang verschwiegen.

Ich erinnere mich, wie im vergangenen Bundestagswahlkampf Armin Laschet verbal geprugelt wurde, weil er bei einem Besuch im Katastrophengebiet fur einen kurzen Moment gelacht hatte. Vielleicht hatte er es besser so machen sollen wie Anne Spiegel und Ursula Heinen-Esser: Einfach so tun, als hatte man mit dem ganzen Elend nichts zu tun.

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Was heute sonst noch wichtig ist

  • Zahl der Schwangerschaftsabbruche geht weiter zuruck: 2021 haben so wenige Frauen abgetrieben wie noch nie in den letzten 25 Jahren. Besonders stark war der Ruckgang bei den unter 20-Jahrigen.

  • Sigmar Gabriel ist neuer Chefkontrolleur bei Stahltochter von Thyssenkrupp: Umstellung auf Klimaneutralitat, stark gestiegene Energiepreise: Die Situation von Thyssenkrupp Steel ist schwierig. Nun wurde der fruhere Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an die Spitze des Aufsichtsrats gewahlt.

  • EU-Parlament will verpflichtende Mindestreserven fur Gas: Europa ist in hohem Masse von Russlands Energielieferungen abhangig – und zogert mit einem Embargo. Das EU-Parlament will die Wirtschaften der Mitgliedstaaten nun winterfest machen.

  • Armenien und Aserbaidschan verstandigen sich auf Friedensvertrag: Die verfeindeten Kaukasusrepubliken haben in Brussel angekundigt, Friedensverhandlungen unter EU-Regie beginnen zu wollen. Ausgerechnet Russland konnte ein Ende der Spannungen zugutekommen.

Meine Lieblingsgeschichte heute: >>Deutschland ist meine Religion, Hitler mein Prophet<<

Im thuringischen Eisenach haben Rechtsextreme offenbar versucht, einen Nazi-Kiez zu errichten, eine Zone, in der allein sie das Sagen haben. Sie grundeten die Kampfsportgruppe >>Knockout 51<<. Die 51 steht fur den funften und ersten Buchstaben des Alphabets, EA, das Autokennzeichen von Eisenach.

Trainieren konnten die Manner im >>Flieder Volkshaus<>Exif<>Knockout 51<< vor einer Hakenkreuzflagge. Einer der Manner hebt den rechten Arm zum Hitlergruss.

Polizeieinsatz gegen die rechtsextreme Szene am 6. April in Eisenach


Foto: Martin Wichmann TV / dpa

Laut Thuringer Verfassungsschutz sind die Eisenacher in der Szene bestens vernetzt. Sie besuchten rechtsextreme Kampfsportevents wie den >>Kampf der Nibelungen<< in Sachsen. Sie fuhren zum Schiesstraining, offenbar nach Tschechien. Sie prugelten sich auf Demos gegen Coronamassnahmen mit der Polizei.

Bei der bundesweiten Grossrazzia gegen rechtsextreme Netzwerke ging die Polizei gestern auch gegen die Neonazis in Eisenach vor. Der Mann mit dem Hitlergruss wurde verhaftet. Das ist eine gute Nachricht. Ich frage mich trotzdem, wie eine solche Bande so lange ihr Unwesen treiben konnte, mitten in Eisenach, einer Stadt mit mehr als 40.000 Einwohnern.


Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • So verdienen Mineralolkonzerne Milliarden am Spritpreisanstieg: Diesel und Benzin haben sich seit Russlands Uberfall auf die Ukraine erheblich verteuert. Laut einer neuen Greenpeace-Studie hat die Mineralolwirtschaft ihre Margen massiv ausgeweitet.

  • Wie Berliner Immobilienmilliarden auf den Bahamas landen: Im vergangenen Jahr stiess der umstrittene Immobilienkonzern Akelius alle Wohnungen in Deutschland ab. Jetzt wird ein Grossteil der Einnahmen verteilt – an undurchsichtige Stiftungen auf den Bahamas.

  • Inflation zwingt 61 Prozent der Deutschen zu Einschrankungen: Die teils drastischen Preissteigerungen sind bei den Deutschen angekommen. Laut einer Umfrage rechnet eine Mehrheit mit Dauerinflation, kappt bereits ihre Ausgaben – und fordert ein Eingreifen der Politik.

  • Welche Menschen an Omikron sterben: Mehr als 200 Tote jeden Tag: Die Pandemie ist noch langst nicht vorbei, Mediziner berichten von erschutternden Verlaufen. Eine Datenanalyse zeigt, wie gefahrlich die Seuche noch immer ist – und wer besonders gefahrdet ist.


Was heute weniger wichtig ist

Aufspecken: Mark Wahlberg, 50, musste fur eine Rolle drastisch zunehmen; 14 Kilo in sechs Wochen. >>Rinderfilet, Backkartoffeln, jeden Morgen ein Dutzend Eier, Speck, zwei Schusseln Reis, ein Glas Olivenol<<: So sei wochenlang sein Speiseplan gewesen, sagte Wahlberg der Nachrichtenagentur AFP. Das sei >>uberhaupt nicht lustig<< gewesen. Im Film >>Father Stu<< spielt Wahlberg einen ehemaligen Boxer, der sein Gluck in Hollywood versucht und dabei zunimmt. Der Film kommt in den USA am 13. April in die Kinos.

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: >>Der Prasident hat beschlossen, kein weiteres Land kein weiteres Land an jene Niederlassungen im Amazonasgebiet zu vergeben.<<

Cartoon des Tages: Corona

Foto: Thomas Plassmann

Und heute Abend?

In fast allen grossen Firmen ausser naturlich dem SPIEGEL gibt es Abteilungen, in die man Versager und Minderleister abschiebt, damit sie moglichst wenig Schaden anrichten, wenn man sie schon nicht feuern kann. So auch beim beruhmten MI5, dem Geheimdienst ihrer Majestat in London – jedenfalls in der Romanwelt des britischen Thrillerautors Mick Herron. In Ungnade gefallene Spione werden hier im >>Slough House<>Slow Horses<>Slow Horses<< heisst auch Herrons Romanserie, von der drei Teile bereits ins Deutsche ubersetzt wurden und uber die mein Kollege Marcus Muntefering vor einiger Zeit schrieb: >>Wie diese Gruppe von Losern sich zusammenreisst und alte Starken wiederentdeckt, erzahlt Herron mit lassiger Ironie.<<

Seit einigen Tagen lauft >>Slow Horses<>Ein Colt fur alle Falle<<. Da lese ich lieber weiter die Romane.

Ich wunsche Ihnen einen schonen Abend. Herzlich

Ihr Alexander Neubacher

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