nd und Politik: Zukunftsangste und Demokratie-Verdrossenheit – Vodafone-Studie //
In keiner anderen Altersgruppe stieg die Wahlbeteiligung bei der vergangenen Bundestagswahl so stark an wie bei den Jungen. 71,4 Prozent der unter 30-Jahrigen stromten in die Wahllokale, bis zu vier Prozentpunkte mehr als noch 2017. Viele junge Menschen wollen also mitgestalten und sind politisiert – und sind doch oft von der Politik enttauscht.
Das legt eine neue, reprasentative Studie von Infratest dimap im Auftrag der Vodafone-Stiftung nahe, die an diesem Dienstag veroffentlicht wurde. Uber 2000 junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren wurden dafur Ende 2021 befragt, also lange vor dem russischen Uberfall auf die Ukraine. Die Ergebnisse zeigen: Junge Menschen fuhlen sich zu wenig gehort und setzen kaum Hoffnungen in die Politik.
Interesse und Frust
Dabei ist die Aufmerksamkeit fur politische Themen durchaus vorhanden: Mehr als die Halfte der jungen Menschen gab an, sich fur Politik zu interessieren. Ein Grossteil informiert sich laut der Befragung zudem regelmassig uber das politische Geschehen.
Das Interesse ist allerdings stark vom Bildungsgrad abhangig. Von den jungen Menschen mit formal hohem Bildungshintergrund gaben uber 80 Prozent an, sich fur Politik zu interessieren, bei Menschen mit niedrigerem Bildungsgrad waren es hingegen gut 50 Prozent.
Trotz Interesse an Politik fuhlen sich junge Menschen aber nicht angemessen reprasentiert. Nur rund 27 Prozent der Befragten sind zufrieden damit, wie die Interessen junger Burgerinnen und Burger in der Politik berucksichtigt werden, fast Dreiviertel sind hingegen unzufrieden.
Stillstand und Angst vor der Zukunft
Auch Demokratieverdrossenheit ist unter jungen Menschen weitverbreitet. Dreiviertel der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die deutsche Demokratie zu schwerfallig sei, um aktuelle Probleme zu losen. Hier macht sich moglicherweise auch Frustration uber den Umgang mit komplexen Themen wie dem Klimawandel bemerkbar, den viele junge Menschen fur eines der drangendsten Probleme halten.
Protestbewegungen wie Fridays for Future oder Black Lives Matter haben viele junge Menschen fur politische Themen mobilisiert. Dennoch hat ein Grossteil der Befragten letztlich das Gefuhl, politisch nichts bewirken zu konnen.
67 Prozent der 14- bis 24-Jahrigen antworteten, dass sie nicht den Eindruck haben, Politik beeinflussen zu konnen. Und uber die Halfte der Befragten gab an, dass sich ohnehin nichts verandere, egal wer regiere.
Auch die Hoffnung, dass Deutschland sich in eine positive Richtung entwickeln wird, ist gering. Aussagen wie >>Deutschland wird 2050 sozial gerechter sein<>Deutschland wird bis 2050 den Klimawandel im Griff haben<< fanden bei weniger als einem Drittel der Befragten Zustimmung. Nur acht Prozent glauben zudem, dass es zukunftigen Generationen besser gehen wird als heutigen.
Wenig uberraschend machen sich viele der jungen Befragten daher Gedanken uber die Zukunft. 86 Prozent gaben an, dass sie sich um die Zukunft sorgen. Zum Zeitpunkt der Befragung hatte Russland die Ukraine noch nicht angegriffen, es ist also nicht ausgeschlossen, dass sich die Zukunftsangste angesichts des Krieges noch verstarkt haben.
Mehr politische Inhalte auf Instagram
Die Daten zu den Einstellungen wurden erhoben, bevor sich die Ampelkoalition zusammengefunden hatte. Ob die Ampel, die sich immerhin auch die starkere Einbindung junger Menschen auf die Fahnen geschrieben hat, den Frust durchbrechen kann, muss sich demnach noch zeigen.
Zumindest in einer Hinsicht konnte die Regierungskoalition allerdings schon einen wichtigen Schritt gemacht haben: In den Fraktionen von Grunen, SPD und FDP sitzen deutlich mehr junge Abgeordnete als in den vergangenen Jahren. Diese Art der Reprasentation ist laut der Befragung wichtig fur die Jungen. Uber die Halfte der Befragten erklarte, dass sie sich noch mehr junge Politikerinnen und Politiker wunschen.
Und auch an einer anderen Stellschraube konnten Parteien und Abgeordnete moglicherweise drehen, um junge Menschen besser einzubinden: Insgesamt 37 Prozent der Befragten pladieren fur mehr Prasenz von Politikerinnen und Politikern in sozialen Medien. Die praferierten Plattformen fur diese Art des Austauschs sind Instagram und YouTube.
Dass eine solche Prasenz in den sozialen Medien sich auch fur Parteien auszahlen kann, zeigte zuletzt die FDP. Parteichef Christian Lindner erreicht inzwischen uber 370.000 Menschen auf Instagram – mehr als der Bundeskanzler. Am Ende war es die FDP, die unter Erstwahlerinnen und Erstwahlern bei der Bundestagswahl am besten abschnitt.