denskonzert fur Ukraine in Berlin: Warum die Zuschauer Selenskyj nicht zu sehen bekamen //
Der ukrainische Prasident Wolodymyr Selenskyj hatte eine spezielle Grussbotschaft fur die Besucher eines Friedenskonzerts in Berlin aufgenommen. Doch dort wurde das Video nicht gezeigt. Was war da los?
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Bis weit in die Nacht harrten die Menschen vor dem Brandenburger Tor aus. 15.000 waren am vergangenen Sonntag gekommen, um ein Zeichen fur den Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine zu setzen. Auf einer Tribune vor dem einstigen Symbol der deutschen und europaischen Teilung traten zahlreiche Kunstlerinnen und Kunstler auf. Mit der Aktion sollte ausserdem Spenden fur die Ukraine gesammelt werden.
Besucherinnen und Besucher horten unter an anderem David Garrett, Marius Muller–Westernhagen, Clueso, Michael Patrick Kelly, Fury In the Slaughterhouse, In Extremo, Mia, Peter Maffay, Revolverheld, Sarah Connor, Silbermond, The BossHoss und Zoe Wees.
Sie horten auch Natalia Klitschko singen und reden, die Frau des Burgermeisters von Kiew und Ex-Profiboxers Vitali Klitschko.
Was sie nicht horten: Die Worte, die der ukrainische Prasident Wolodymyr Selenskyj an sie richten wollte.
Selenskyj ist, um es vorsichtig auszudrucken, ein viel beschaftigter Mann in diesen Tagen. Man sieht ihm an, wie wenig er schlaft, wie ihn der Krieg mitnimmt, in den sein Land gezwungen wurde, das er zusammenhalten muss, dessen Fortbestand auf dem Spiel steht. Man muss davon ausgehen, dass die russische Fuhrung ihm nach dem Leben trachtet.
Egal, welche Bitte an ihn herangetragen wird, er hat also derzeit fast immer Besseres zu tun.
Dennoch hatte der ukrainische Prasident sich die Zeit genommen, eine mehr als sechsminutige Videobotschaft einzusprechen. Gerichtet an Berlin, an die Zuhorer des Friedenskonzerts. Sie liegt dem SPIEGEL in Ganze vor. Doch gesendet wurde sie nicht.
>>Wir haben gewartet und gewartet und gewartet<<, sagt der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrej Melnyk. Schliesslich stand der Diplomat, wie er erzahlt, wegen der Sache im Austausch mit der Prasidialkanzlei in Kiew: >>Ich war am Ende selbst uberrascht<<, erzahlt Botschafter Melnyk den fur ihn denkwurdigen Verlauf des Abends.
Warum also wurde die Rede am Brandenburger Tor selbst nicht ausgestrahlt? Furchteten einige der Organisatoren zu deutliche Worte des ukrainischen Prasidenten?
In einer Ansprache an den Bundestag vor einigen Tagen hatte Selenskyj scharfe Kritik geubt, er hatte Deutschland vorgehalten, vor allem an die Wirtschaft zu denken. Selenskyj, der die Verteidigung seines Landes organisieren muss, fordert haufig eine Flugverbotszone oder Waffen, wenn er andere Lander adressiert.
Wolodymyr Selenskyj spricht per Videoubertragung am 17. Marz 2022 im Bundestag
Diese neue Ansprache an die Deutschen war viel weniger konfrontativ. Selenskyj nennt Kiew darin >>das neue Berlin<>Mit diesem Ton leben wir schon seit 25 Tagen<<. Er spricht nicht uber Waffen, sondern uber lachelnde Kinder, Freiheit, er ruft zu Wirtschaftssanktionen auf.
Es war eine zuruckhaltende Rede, angepasst an das Publikum, an die Friedensdemo. So wie es zuvor an ihn herangetragen worden war.
Die ukrainische Botschaft schickte sie auch an den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), fur den es keine Frage war, das Video am Abend in Fernsehen auszustrahlen. So konnte das Land seine Worte horen. Nur jene horten sie nicht, an die sie gerichtet waren.
Denn es gab Unstimmigkeiten unter den Organisatoren, bis zuletzt, wie aus deren Antwort auf eine schriftliche Anfrage des SPIEGEL hervorgeht.
So habe, heisst es in der Antwort, unter allen Initiatoren, Veranstaltern sowie Musikerinnen und Musikern Konsens bestanden, dass die Kundgebung >>ohne Wortmeldungen von aktiven Politiker:innen durchgefuhrt werden sollte, um Instrumentalisierungen des Themas der Kundgebung zu vermeiden<<.
Trotzdem habe sich der >>Organisationskreis<>Dabei spielte zum Beispiel eine Rolle, dass er nicht als ublicher Politiker gesehen wurde, sondern als Symbol fur die Ukraine, die zu Wort kommen sollte<<.
Es klingt ein bisschen, als sei es eine Ehre fur Selenskyj, bei >>Sound of Peace<< reden zu durfen, die ihm gnadigerweise gewahrt wurde.
Andere in der Runde erkannten dagegen offensichtlich die Tragweite einer solchen Anfrage. Es sei >>in diesem Entscheidungskreis<>auch abgespielt werden muss, wenn man es anfragt<<, heisst es in der Antwort.
So habe er das von Anfang an gesagt, sagt der grune Europaabgeordnete Erik Marquardt. Er ist uber die Fluchtlingshilfekampagne >>Leave No One Behind<< in die Veranstaltung involviert gewesen und hatte den Wunsch nach einer Rede Selenskyjs nach Kiew ubermittelt, wie er erzahlt.
Doch offensichtlich kam es dennoch zu internen Problemen in der Gruppe hinter dem Konzert. Die Absprache sei >>nicht mit allen Beteiligten unmissverstandlich kommuniziert<>dass entschieden sei, das Selenskyj-Video nicht zu zeigen<>Sound of Peace<< in dem Schreiben mit.
Offenbar gab es in dem Bundnis einige, die die Veranstaltung als strikt unpolitisch verstanden, und andere, die das nicht so sahen. Wie soll das auch aussehen, eine unpolitische Kundgebung fur den Frieden? Was es offensichtlich nicht gab: Klare, geteilte Entscheidungsstrukturen.
Technische Probleme zum Schluss
Schliesslich werden in der Antwort von >>Sound of Peace<< auch noch andere Grunde aufgezahlt, warum das Video nicht gezeigt wurde: Erschwerend sei hinzugekommen, dass das Video erst kurz vor 20 Uhr am Sonntag mit deutschen Untertiteln vorgelegen habe, heisst es. Nach Angaben Marquardts sei das Video am Nachmittag in Ukrainisch eingetroffen, dann habe man erst ubersetzen und Untertitel einbauen mussen.
Warum ausgerechnet dies eine Ausstrahlung verhindert haben soll, obwohl das Konzert zu diesem Zeitpunkt noch fast zwei weitere Stunden andauerte, erschliesst sich nicht vollstandig.
In dem Schreiben heisst es weiter, dass >>kurz vor dem Ende der musikalischen Kundgebung um 22 Uhr der Versammlungsleiter<>ob sie das Video noch sehen wollten, was durch die kurzfristige Entscheidung aber technisch nicht moglich war<<.
Botschafter Melnyk halt den Hinweis auf technische Probleme fur eine Ausflucht. >>Ich denke, dass pazifistische oder pseudo-pazifistische Grunde dabei eine Rolle gespielt haben, die Rede nicht zu zeigen<>Er hat sich bei mir entschuldigt, er war am Boden zerstort<<, so Melnyk.
Der Versammlungsleiter des Abends, Stephan Huttner, sagt, es haben am Ende wirklich ein technisches Problem gegeben: Man habe in der Eile auf dem Speichermedium das richtige Video nicht gefunden. >>Der Anmelder hat dann in dieser Sekunde entschieden, die Veranstaltung zu beenden. Hatten wir ein paar Minuten mehr Zeit gehabt, hatten wir das Problem losen konnen.<<
Aber die Zeit habe gefehlt, weil die interne Abstimmung vorher so lange gedauert habe. So endete das Konzert ohne Selenskyjs Rede.
Botschafter Melnyk informierte den ukrainischen Prasidenten noch am spaten Sonntagabend in einem Telefonat daruber. Er habe, erzahlt er, nur die Botschaft ubermittelt konnen, dass das Video wenigstens im Fernsehen des RBB lief.
Und er habe Selenskyj gesagt, dass es da vermutlich viel mehr Zuschauer gehabt habe als am Brandenburger Tor.
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