, EU, G7: Gipfeltreffen in Brussel als Zeichen der Geschlossenheit //
Nato, EU, G7: Die westlichen Verbundeten haben am Donnerstageinen Gipfel-Marathon absolviert – mit einer klaren Botschaft.
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Diese drei Gipfel an einem Tag – das sollte ja ein Symbol sein, ein Symbol dafur, dass der Westen einig ist gegen Russland und dass er sich nicht von Wladimir Putin auseinanderdividieren lasst.<<
Joe Biden (US-Prasident):
>>Was Putin von Anfang versucht hat – und das habe ich schon zu meinen Zeiten als US-Vizeprasident gesagt – ist, die Nato zu zerbrechen.<<
Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretar:
>>Wir sind die starkste Allianz der Welt. Und solange wir zusammenstehen, sind wir auch sicher.<<
Olaf Scholz, Bundeskanzler:
>>Wir sind uns in dieser schwierigen Lage einiger denn je zuvor und handeln gemeinsam und entschlossen.<<
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Es gab allerdings auch eine zweite Botschaft und die hiess: Wir konnen der Ukraine nicht unbegrenzt helfen. Wir haben eine ganz, ganz klare rote Linie und diese rote Linie ist: Die Nato wird sich nicht in diesen Krieg mit hineinziehen lassen.<<
Der ukrainische Prasident Wolodymyr Selenskyj war bei allen drei Gipfeln zugeschaltet, verlangte vergeblich die Lieferung von Flugzeugen und Panzern – und einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine.
Allerdings stosst er auch nicht auf geschlossenen Widerstand. In der Frage, wie weit die Unterstutzung des Westens gehen soll, gibt esdurchaus Uneinigkeiten.
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Dafur muss man ja nur Bundeskanzler Olaf Scholz zuhoren, um zu sehen, dass einiges von dem, was andere Lander wollen, vor allem Polen und die Balten, zum Beispiel eine Flugverbotszone uber der Ukraine oder ein Ol-Embargo oder einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine – das sind alles Themen, die angesprochen, aber schnell abgeraumt wurden, weil eben keine Einigkeit besteht.<<
Scholz selbst hatte einen eher unglucklichen Tag. Nach nachtlichen Ampel-Verhandlungen reiste er mit enormem Schlafdefizit an – und mit Verspatung.
So verpasste er das traditionelle Gruppenfoto der Nato. Botschafter Rudiger Konig musste seinen Platz einnehmen.
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Die Deutschen sind einfach seit diesem Angriff in der Defensive. Im Grunde sind 30 Jahre deutsche Ostpolitik in Trummern. Und die Deutschen sind jetzt in der Rolle des Nein-Sagers, was immer Polen, was immer Balten fordern, trotz dieser Zeitenwende, die Olaf Scholz ausgerufen hat: wir sind hier einfach in der Defensive, wir sind immer die, die sagen: Das geht nicht, das ist zu viel, wir brauchen russisches Ol, wir brauchen russisches Gas. Eine Fuhrungsrolle sieht definitiv anders aus. Und ich glaube auch nicht, dass sich Olaf Scholz in dieser Rolle wohlfuhlt. Er machte jedenfalls nicht den Eindruck, als tate er das.<<
Die wichtigste Rolle wurde ohnehin nicht Scholz zugeschrieben, sondern Joe Biden. Fur den US-Prasidenten galt es, sich als Anfuhrer des Westens zu etablieren. Wie ist ihm das gelungen an diesem Gipfeltag?
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Im Grossen und Ganzen hat Joe Biden die Rolle als Fuhrer der westlichen Welt gut ausgefullt. Diplomaten hier in Brussel, aber auch in anderen europaischen Hauptstadten loben auch, wie eng sich die USA mit ihren Verbundeten abstimmen. Das war ja in der Vergangenheit – nicht nur unter Donald Trump, sondern auch unter seinen Vorgangern – oft anders. Also in diesem Sinne hat Joe Biden sehr gut agiert. Man merkt dann, muss man auch sagen, dass ein Prasident seines Alters, an einem solchen Tag dann hin und wieder auch die Konzentration verliert. Er hat zum Beispiel den EU-Ratsprasident Charles Michel mit “Lieber Michel” angeredet, offensichtlich in dem Glauben, dass das der Vorname ist. Er hat sich auch haufiger mal verhaspelt, aber das sind Kleinigkeiten.<<
Bleibt die Frage: Wie lange halt die neue Geschlossenheit? Klar ist: Ein solcher Gipfeltag reicht langst nicht.
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Man kann jetzt nicht sagen: Das war jetzt eine Demonstration der Einigkeit und jetzt weiss Putin fur die nachsten anderthalb Jahre, woran er mit dem Westen ist. Also das ist etwas, was im Grunde taglich oder wochentlich erneuert werden muss. Das wird ein anstrengender und sehr energiezehrender Prozess.<<
Das gilt vor allem fur die EU. 27 Mitgliedsstaaten mussen sich auch mittel- und langfristig auf eine Strategie im Umgang mit Putin einigen – ohne einen US-Prasidenten, der die Fuhrung ubernimmt.
Ralf Neukirch, DER SPIEGEL:
>>Das wird schon eine Herkules-Aufgabe sein, diese EU dann zusammenzuhalten. Das Problem zurzeit ist, dass es anders als zu Zeiten Angela Merkels keine Fuhrungspersonlichkeit gibt, die die Autoritat hat, das zu tun. Das ist weder der franzosische Prasident Macron, weil dem zu viel Misstrauen in West-, Nord- und Osteuropa entgegenschlagt. Das ist aber auch Olaf Scholz noch nicht, weil Deutschland diese Rolle einfach im Moment nicht hat. Und dann wird man sehen, inwieweit das gelingt, diese Einheit, die ja bisher ganz gut gehalten hat, auch weiter zusammenzuhalten.<<
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