>>Wir sind uns einiger denn je zuvor<<: Putins Uberfall auf der Ukraine hat der Nato neues Leben eingehaucht. Aber fur wie lange?
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Totgesagte leben langer, heisst es. Die Nato aber wurde nicht nur totgesagt, sie ist auferstanden. Spatestens seit dem Brusseler Sondergipfel diese Woche ist die Allianz zuruck als Instrument des Westens im neuen Kalten Krieg gegen Russland, der sich auch auf China auszudehnen droht.
Die Gipfel-Erklarung von Brussel lasst keinen Zweifel daran, wo die Nato in den kommenden Jahren ihren Feind sieht. Es sind nicht die scharfen Verurteilungen des Angriffskriegs von Russlands Prasident Wladimir Putin, die aufhorchen lassen – sondern die konkreten Ansagen, was nun geschehen wird. 40.000 Soldaten stunden unter Nato-Kommando an der Ostflanke der Allianz, heisst es in der Gipfel-Erklarung. Hinzu kamen Luft- und Seestreitkrafte sowie von einzelnen Mitgliedslandern entsandte Krafte.
Ausserdem sollen in Bulgarien, der Slowakei, Rumanien und Ungarn Kampfverbande stationiert werden, in den drei baltischen Staaten und Polen stehen solche Battlegroups bereits. Die Nato werde ausserdem ihr >>langerfristiges Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv erheblich starken<>gesamte Spektrum an einsatzbereiten Streitkraften und Fahigkeiten weiterentwickeln<<. Laut Nato-Generalsekretar Jens Stoltenberg bedeutet das: mehr Kampfflugzeuge, eine starkere Luftverteidigung, Flugzeugtrager-Kampfgruppen, U-Boote und eine >>bedeutende Zahl an Kriegsschiffen auf permanenter Basis<<. Die Details sollen nun beim nachsten Gipfel in Madrid Ende Juni geklart werden.
>>Wir handeln gemeinsam und entschlossen<<
Putins Uberfall auf die Ukraine hat, so scheint es, die Konflikte unter den 30 Nato-Partnern vorerst unter sich begraben. Jetzt geht es darum, den >>boswilligen Einfluss<>Wir sind uns einiger denn je zuvor<<, schwarmte Kanzler Olaf Scholz nach dem Treffen, >>wir handeln gemeinsam und entschlossen.<< Ahnlich ausserte sich US-Prasident Joe Biden: >>Vereint zu bleiben ist fur uns das Wichtigste.<<
Bundeskanzler Scholz beim Nato-Gipfel
Foto: Gonzalo Fuentes / REUTERS
Das gleiche Bild zeigte sich beim G-7-Gipfel, der eilends zwischen den Nato- und den anschliessend stattfindenden EU-Gipfel gepresst wurde. Die sieben Industrielander drohten Putin und seinen Kriegsplanern, sie >>fur ihre Taten zur Rechenschaft zu ziehen<<.
Ein ranghoher US-Regierungsbeamter sagte, beim Nato-Gipfel habe das starke Gefuhl geherrscht, dass man sich an einem >>historischen Moment<< befinde und es die Demokratie zu verteidigen gelte. Das mag auch am Auftritt des ukrainischen Prasidenten Wolodymyr Selenskyj gelegen haben, der per Video zugeschaltet war, als Erster sprechen durfte und eine leidenschaftliche Rede gehalten hat.
Diesmal allerdings habe Selenskyj keine Flugverbotszone mehr verlangt, sondern Material – und das sehr konkret: Die Nato moge ihm ein Prozent aller ihrer Flugzeuge und Panzer liefern, ausserdem hatte er gerne Raketenwerfer, Anti-Schiffs-Raketen und Luftabwehrwaffen, sagte Selenskyj. Eine konkrete Antwort der Nato ist nicht uberliefert. Immerhin: Bei den Anti-Schiffs-Raketen sei man bereits in Absprachen mit den Alliierten, hiess es aus US-Regierungskreisen.
Russland, auch das wurde beim Gipfel deutlich, konnte nicht der einzige gemeinsame Gegner der Nato-Staaten bleiben. Auch China wird gewarnt, >>von jeglicher Unterstutzung fur die russischen Kriegsanstrengungen abzusehen<>China weiss, dass seine wirtschaftliche Zukunft viel enger mit dem Westen verbunden ist als mit Russland<<, sagte der US-Prasident. Er habe ChinasStaats- und Parteichef Xi Jinping vergangene Woche am Telefon klargemacht, >>dass er die Konsequenzen verstehen muss, wenn er Russland hilft<<.
Fur die Nato ist es eine atemberaubende Entwicklung. Erst zweieinhalb Jahre ist es her, dass Frankreichs Prasident Emmanuel Macron das Bundnis fur >>hirntot<< erklarte. US-Prasident Donald Trump hatte die Nato zuvor als >>obsolet<< bezeichnet und den Eindruck erweckt, die USA wurden ihre Unterstutzung im Angriffsfall davon abhangig machen, wie viel die Angegriffenen zuvor fur die Verteidigung gezahlt hatten.
Ein US-Prasident, der sich auffuhrt wie ein Mafiapate mit dem Verlangen nach Schutzgeld – fur die Nato war das ein Schock. Europa, so Macrons Appell, musse endlich aufwachen und selbst fur seine Sicherheit sorgen.
Diesen Prozess scheint der Ukrainekrieg nun in Gang gesetzt zu haben. Kanzler Scholz hat gar handstreichartig die Sicherheitspolitik der vergangenen Jahrzehnte beendet, verspricht der Bundeswehr 100 Milliarden Euro Sondervermogen und lasst Waffen in ein Kriegsgebiet liefern. In der EU werden die Bemuhungen, in der Verteidigung enger zusammenzurucken, einen kraftigen Schub bekommen.
Doch wenn der Ukrainekrieg eines gezeigt hat, dann dass es auch langerfristig nicht ohne die Amerikaner geht – und die Europaer sich glucklich schatzen konnen, dass die Vereinigten Staaten dank Prasident Joe Biden voll an ihrer Seite stehen.
Schwierig wird es, falls die Amerikaner Ende 2024 erneut Donald Trump, der Putins Angriff auf die Ukraine anfanglich genial fand, zum Prasidenten wahlen sollten. Oder, schlimmer noch aus Sicht der Europaer: einen Trumpisten, der kompetenter ist als Trump.
Dann wurde sich zeigen, ob die Nato wirklich auferstanden und lebendig ist. Oder ob sie eher eine Untote ist, nur vorubergehend animiert von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
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