Die Ukraine bittet Deutschland, seine Waffenlieferungen an das Land für den Krieg gegen Russland massiv auszuweiten. In einer Verbalnote hat die ukrainische Botschaft in Berlin sich an Kanzleramt, Außenministerium sowie Verteidigungsministerium gewandt. Die in dem Schreiben erbetenen Waffenlieferungen gehen deutlich über die bisher von der Bundesregierung zugesagten Kontingente hinaus. Das Dokument, über das auch die Nachrichtenagentur dpa berichtet, liegt dem SPIEGEL vor.
Konkret sind Anschaffung und Lieferung folgender Waffensysteme genannt:
- Kampfpanzer, Schützenpanzer, Bergepanzer, Pionierpanzer, Minenräumpanzer und Brückenpanzer
- Artilleriesysteme, Panzerhaubitzen, Panzermörser, Mörser
- Mittlere Artillerieraketensysteme
- Flugabwehrraketensysteme, leichte Flugabwehrsysteme mit Waffenträger
- Spähwagen, geschützte Fahrzeuge, gepanzerte Einsatz- und Transportfahrzeuge, Mehrzweckfahrzeuge, Trägerfahrzeuge und zusätzliche Motoren
- Kampf- und Unterstützungshubschrauber
- Aufklärungs- und Kampfdrohnen
- Mehrzweckkampfflugzeuge und Transportflugzeuge
- Minenjagdboote, U-Boote, Fregatten, Korvetten und Schnellboote
In der Verbalnote heißt es, die Liste sei nicht erschöpfend. Wie viele Einheiten der jeweiligen Waffensysteme gewünscht sind, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Es heißt lediglich, man bitte darum, die Anfrage möglichst rasch zu bearbeiten und wohlwollend zu prüfen.
AdvertisementLieferung schwerer Waffen derzeit wohl ausgeschlossen
Wegen des Kriegs in der Ukraine hat Deutschland mit seiner politischen Linie gebrochen, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern. Inzwischen sind 1000 Panzerfäuste und 500 Luft-Boden-Raketen vom Typ »Stinger« in der Ukraine eingetroffen. Weitere Raketen vom Typ »Strela« aus DDR-Beständen sollen folgen. Allerdings gibt es bei einem erheblichen Teil der »Strela«-Raketen Bedenken wegen technischer Mängel.
Die Lieferung von Panzern oder anderen schweren Waffen scheint derzeit allein wegen des laufenden Kriegs in der Ukraine ausgeschlossen. Möglich indes wäre, dass die Bundeswehr den Ukrainern gepanzerte Fahrzeuge vom Modell »Dingo« zur Verfügung stellt. Intern hat die Bundeswehr bereits nachgefragt, ob man entsprechende Modelle, die vergangenes Jahr aus Afghanistan zurückgeholt wurden, in die Ukraine liefern kann.
Hinter den Kulissen bereitet die Bundesregierung zudem unter Hochdruck weitere Waffenlieferungen an die ukrainische Armee vor. Bereits am Montag bat das Verteidigungsministerium in einer eilig anberaumten Videoschalte die Chefs der wichtigsten Rüstungsunternehmen, ihre Produktionskapazitäten schnell hochzufahren. Zudem sollten sie Listen über mögliches Material ausfüllen, das sich zur »Soforthilfe für die ukrainischen Truppen« eignet, so einer der Teilnehmer.
Laut Insidern plant das Ministerium von Christine Lambrecht (SPD), der Ukraine kurzfristig Material aus Beständen der Bundeswehr zu liefern, die Rüstungsindustrie soll dann die entstandenen Lücken bei der Truppe füllen. Offenbar geht es einerseits um weitere Waffen und geschützte Fahrzeuge, aber auch um Sanitätsmaterial und Ernährungspakete für ukrainische Soldaten. Bereits am Donnerstag hatte eine Sprecherin gesagt, weitere Lieferungen stünden schon verpackt bereit zum Transport.
Anmerkung: In einer früheren Version war davon die Rede, die Ukraine habe Deutschland um Schlachtschiffe gebeten. Wir haben die Stelle korrigiert.