: Treffen sich Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj? Was bringt die Spritpreisbremse? //
Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:
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Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine – Helfen Worter gegen Waffen?
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Simulationsforschung – Wie fuhlt es sich an, einen Atomschlag anzuordnen?
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Teure Energie – Hilft die Spritpreisbremse?
1. Helfen Worte gegen Waffen?
Sollte man sich in dusteren Zeiten auf die Zeichen der Hoffnung konzentrieren, auch wenn sie noch so schwach sind? Vielleicht muss man es, um nicht durchzudrehen.
Deshalb zuerst diese Nachricht: Vertreter Russlands und der Ukraine reden miteinander; die vierte Verhandlungsrunde hat am Vormittag begonnen. Es geht auch um einen moglichen Waffenstillstand. Zuvor gab es vorsichtigen Optimismus, von kleinen Fortschritten war zu lesen. Sie verhandeln also, dieses Mal per Videoschalte, wie aus einem Tweet eines ukrainischen Prasidentenberaters hervorging.
Sein Chef, Wolodymyr Selenskyj, veroffentlichte zuvor eine neue Videobotschaft, in der er ein Treffen mit Wladimir Putin forderte: Das Ziel sei es, >>alles zu tun, um ein Treffen der Prasidenten zu ermoglichen. Ein Treffen, auf das die Menschen sicher warten<<. Ob es dazu kommt? Meine Kollegin Ann-Dorit Boy ist skeptisch, auch wenn ein Putin-Sprecher die Moglichkeit zuletzt nicht mehr ausschloss. >>Sollten Putin und Selenskyj sich tatsachlich begegnen, musste die Kremlpropaganda von der falschen Behauptung, Selenskyj sei ein drogenabhangiger Nazi wohl endgultig abrucken<>Denn mit einem solchen konnte sich der russische Prasident kaum zusammensetzen.<<
Zwar zeigt dieser Krieg wieder einmal, dass der alte Spruch nicht stimmt: Solange geredet wird, wird nicht geschossen. Aber wenigstens stimmt auch der Umkehrschluss nicht. Morgen wollen sie weiterverhandeln.
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Lesen Sie hier mehr zu den Hintergrunden: Sie reden miteinander – immerhin das scheint klar zu sein
Und hier weitere Nachrichten und Hintergrunde zum Krieg in der Ukraine:
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Bundesregierung will >>Tornados<< durch F-35-Tarnkappenjets ersetzen: Die >>Tornado<<-Kampfflugzeuge der Bundeswehr sind seit Jahrzehnten im Einsatz, bis 2030 sollen sie stillgelegt werden. Nach langem Ringen hat sich das Verteidigungsministerium fur ein Nachfolgemodell entschieden.
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Die wichtige Schlacht ums ukrainische Energienetz: Russland greift gezielt das ukrainische Strom- und Gasnetz an, um Soldaten und Zivilisten im Dunkeln frieren zu lassen. Die Kontrolle uber die Versorgung konnte den Krieg mitentscheiden.
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Alle aktuellen Entwicklungen finden Sie hier im News-Update.
2. Stresstest
Die >>New York Times<< zeichnet in ihrem >>The Morning<<-Newsletter heute noch einmal den Aufstieg von Wolodymyr Selenskyj nach – vom Komodianten zum Kriegsprasidenten. Die Serie >>Diener des Volkes<<, die ihn auch zur politischen Figur machte, beschreiben die US-Kollegen als eine Mischung aus >>The West Wing<>klamaukige Antwort auf >House of Cards<<< und empfiehlt, sich die Serie in der Arte-Mediathek anzuschauen (hier mehr zur Serie).
Es ist eine Weile her, dass ich >>The West Wing<>House of Cards<>Madam Secretary<< ausprobiert (eher nicht zu empfehlen), das war aber noch, bevor Putin die Ukraine uberfallen liess. Am Ende der vierten Staffel ordnet der US-Prasident (er heisst dort Dalton, nicht Bartlet oder Underwood) fast einen nuklearen Vergeltungsschlag an, weil im Pentagon jemand eine Simulation fur einen echten russischen Angriff hielt. Binnen weniger Minuten muss er entscheiden, wie viele Raketen er abfeuern lasst – und ob er weite Teile der Zivilisation bereit ist auszuloschen.
Herrlich weit weg schienen solche Szenarien damals, verbannt in Serien, Filme, Bucher. Jetzt ist die Angst vor dem Atomkrieg wieder da. Mein Kollege Jorg Romer hat es in einer wissenschaftlichen Simulation nachgespielt: Was passiert, wenn ein US-Prasident vor der Entscheidung steht, Atomwaffen abzufeuern?
>>Mit dem Virtual-Reality-Programm >Nuclear Biscuit<, benannt nach der Karte mit den Startcodes im Atomkoffer, arbeiten die Forscher schon langer<<, schreibt Jorg. >>Sie wollen wissen, wie Menschen im Ernstfall reagieren, wenn sie in der Situation des US-Prasidenten waren.<< Wie im Film tickte die Uhr, die Berater redeten auf Prasident Jorg ein. Zwischen drei Optionen sollte er sich entscheiden:
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Szenario 1: Gezielter Atomschlag auf die Standorte russischer Interkontinentalraketen sowie einiger U-Boot- und Luftwaffenstutzpunkte (15 Millionen tote Russen).
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Szenario 2: Neben den Intercontinental Ballistic Missiles (ICBMs) werden alle U-Boot- und Luftwaffenstutzpunkte vernichtet. Geschatzte Opferzahl: bis zu 25 Millionen.
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Szenario 3: Die Vernichtung grosser Teile Russlands, ein Drittel der Bevolkerung wurde er in den Tod schicken. Das sind rund 45 Millionen Menschen.
Die Wissenschaftler haben die Atomsimulation bereits mit 80 Probandinnen und Probanden durchgefuhrt, darunter 40 Studierende von der Princton University und 40 Entscheidungstrager und Entscheidungstragerinnen im Umfeld des US-amerikanischen Parlamentes, sowohl von den Republikanern als auch den Demokraten. >>Noch sind die Ergebnisse nicht publiziert<>Ein realer Prasident wurde souveraner mit der Lage umgehen, hoffe ich.<< Ich weiss nicht, ob ich mich dieser Hoffnung anschliessen soll.
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Lesen Sie hier mehr uber den Selbstversuch: >>Mr. President, wir haben nur noch eine Minute<<
3. Einfache Losungen?
Oft ist die Welt ja leider zu kompliziert fur einfache Losungen, so schon sie auch scheinen. Der Burgermeister von London forderte jetzt, die Villen von russischen Oligarchen als Unterkunft fur Fluchtlinge aus der Ukraine zu nutzen. Ein richtiges Symbol, finde ich. Nur das Problem wird es nicht losen.
Neuseeland reagiert auf steigende Ol- und Benzinpreise damit, die Preise fur den OPNV zu halbieren, wie der >>Guardian<< berichtet. Ebenfalls ein schones Symbol, das zudem noch sinnvoller erscheint als vieles, was hierzulande gerade diskutiert wird, die Spritpreisbremse etwa. >>Wer die Preisspitzen mit Staatsmitteln kappt, belohnt vor allem diejenigen, die viel Sprit verbrauchen<<, kommentiert mein Kollege Gerald Traufetter. >>Und das sind ausgerechnet jene, die grosse Autos fahren und es sich leisten konnten, mehr zu zahlen.<>Deshalb muss der Staat diejenigen kompensieren, die am starksten betroffen sind. Gezielte Hilfen statt Giesskannen-Prinzip.<<
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Lesen Sie hier den ganzen Kommentar: Die Spritpreisbremse ist ein populistischer Unsinn
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Was heute sonst noch wichtig ist
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Trump deutet erneute Kandidatur an – und macht Vorschlage fur den Umgang mit Putin: Donald Trump im Wahlkampfmodus: Der vormalige Amtsinhaber schlagt auf einer Veranstaltung nicht nur eine Machtausweitung fur US-Prasidenten vor, er schwadroniert auch uber den Ukrainekrieg.
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Berlusconi gehort nun mehr als ein Viertel von ProSiebenSat.1: Der Konzern des ehemaligen italienischen Ministerprasidenten Silvio Berlusconi erwirbt weitere Anteile an ProSiebenSat.1 – und verfugt nun uber eine Sperrminoritat. Kommt es bei der Hauptversammlung zum Showdown?
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Morgens Winterjacke, mittags T-Shirt: Von Mittwoch an wird es fruhlingshaft – wenn auch nicht den ganzen Tag lang. Der Wetterdienst gibt Kleidungstipps und veroffentlicht ein Foto von einem >>quasi wolkenfreien<< Deutschland.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
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Die Zeit lauft davon: Die Saison in der deutschen Eishockeyliga droht zur Farce zu werden. Corona hat den Spielplan erschuttert, wegen der WM konnen nicht alle Partien nachgeholt werden. Schon jetzt stehen Klagen der Vereine im Raum.
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Heute gibt es Borschtsch: Solidaritat geht durch den Magen. In England und anderswo kochen Menschen das ukrainische Nationalgericht und sammeln damit Spenden. Machen Sie mit, rat unsere Kochin Verena Lugert.
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Wie die Natur das Sprechen lernte: Nachaffende Vogel, singende Wale, wortkundige Hunde. Wissenschaftler erforschen, wie Tiere miteinander reden. Ein Kaleidoskop bisheriger Erkenntnisse.
Was heute weniger wichtig ist
Wird fellig: Das alteste im Zoo lebende Faultier der Welt mit dem Namen Jan, 52, wird zum 20. Mal Vater. Man habe Anfang Januar ein Neugeborenes entdeckt, teilte der Krefelder Zoo nun auf Facebook mit. Das Geburtsdatum des Zweifingerfaultiers sei nicht bekannt. Es trage den Namen Kalle. Die meiste Zeit verbringe das Junge noch bei seiner Mutter. Die beiden sonnen sich demzufolge oft zusammen im Aussenbereich des Geheges.
Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: >>Studiengebuhren mussen Erasmusstipendiatin:innen im Ausland nicht zahlen.<<
Cartoon des Tages: Stolz auf seinen neuen Tisch …
Und heute Abend?
Konnten Sie einer Empfehlung meiner Kollegin Eva Thone folgen und den neuen Roman >>Dschinns<< von Fatma Aydemir anfangen zu lesen. Darin beschreibt Aydemir die Konflikte in einer Familie, die aus der Turkei auswanderte und in Deutschland nie richtig ankam. >>So gut, dass man das Buch kaum weglegen kann<<, findet Eva.
Einen schonen Abend. Herzlich
Oliver Trenkamp
Hier konnen Sie die >>Lage am Abend<< per Mail bestellen.