Wieder einmal steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland rasant an: Am Sonntag hat die Sieben-Tage-Inzidenz die Marke von 1500 uberschritten. Dennoch halt die Ampel-Koalition an den geplanten Lockerungen fest. Von Fachleuten und aus der Opposition gibt es zunehmend Kritik an der Ausgestaltung der Plane.
Nach dem Willen der Ampel-Koalition soll ab dem 20. Marz bundesweit nur noch ein Basisschutz moglich sein. Dann gilt die Maskenpflicht lediglich noch in Pflegeheimen, Kliniken, im Nah- und Fernverkehr sowie in Flugzeugen. Eine Testpflicht gilt nur noch in Heimen und Schulen. An Orten, wo sich die Corona-Lage zuspitzt, sollen die Landerparlamente allerdings scharfere Auflagen beschliessen konnen.
Bayerns Ministerprasident Markus Soder (CSU) sieht Deutschland mit dem uberarbeiteten Infektionsschutzgesetz der Bundesregierung neuen Virus-Varianten schutzlos ausgesetzt: Der Entwurf der Ampel habe echte Lucken und Schwachen, sagte Soder der >>Bild am Sonntag<<.
>>Im Grunde gibt es keine echten Schutzmassnahmen mehr. Damit stehen wir im Herbst neuen Mutationen schutz- und wehrlos gegenuber. So ist das weitgehende Weglassen der Maske verfruht und kann zum Beispiel in der Schule rasch zu einer sogenannten Durchseuchung fuhren<<, meinte er.
Fachleute fur Maskenpflicht
Soder kritisierte insbesondere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). >>Der Bundesgesundheitsminister rechnet mit neuen Wellen, und die Ampel schafft gleichzeitig alle Massnahmen ab<>Wenn es nach dem Willen der Ampel geht, ist Corona ab nachster Woche Geschichte. Aber das ist doch nicht die Realitat.<<
Am Samstag hatte auch der Prasident der Deutschen Interdisziplinaren Vereinigung fur Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, besonders vor einem Ende der Maskenpflicht in vielen offentlichen Innenraumen gewarnt.
>>Das Tragen von Masken ist eine erprobte und einfache Schutzmassnahme. Es ware ein Fehler, dieses Mittel ohne Not aus der Hand zu geben<<, sagte Marx den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Mit Masken konne man sich und andere effektiv gegen eine Infektion schutzen. >>Die Lander sollten deswegen in jedem Fall auch nach dem 20. Marz die Maskenpflicht in offentlichen Innenraumen beibehalten.<<
Auch die Amtsarzte fordern die Beibehaltung der Maskenpflicht. >>Solange die Infektionszahlen so hoch sind wie aktuell, sollten wir an wichtigen Schutzmassnahmen festhalten<<, sagte Elke Bruns-Philipps, Vizevorsitzende des Bundesverbands der Arztinnen und Arzte des Offentlichen Gesundheitsdienstes (BVOGD) den Funke-Zeitungen.
Lockerungen am Arbeitsplatz
Lauterbach hatte die von ihm und Justizminister Marco Buschmann (FDP) gemachten Vorschlage fur ein geandertes Infektionsschutzgesetz dagegen am Freitag verteidigt. Sein Kollege Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklarte am Wochenende zudem, die Corona-Schutzvorschriften in Betrieben lockern zu wollen.
Im Entwurf einer Verordnung des Bundesarbeitsministeriums ist vorgesehen, dass die Arbeitgeber ab dem Fruhlingsanfang selbst die Gefahrdung durch das Virus einschatzen und in einem betrieblichen Hygienekonzept entsprechende Massnahmen festlegen sollen. Der Entwurf liegt unter anderem der Deutschen Presse-Agentur vor.
Die Arbeitgeber sollen dabei auch das regionale Infektionsgeschehen berucksichtigen. Prufen sollen sie dann, ob sie den Beschaftigten einen Coronatest pro Woche anbieten, ob sie Schutzmasken bereitstellen und ob Beschaftigte im Homeoffice arbeiten sollen. Auch uber Schutzmassnahmen wie Abstands- und Hygieneregeln oder eine Maskenpflicht sollen Betriebe kunftig selbst entscheiden.
Geplant ist, dass die neue Verordnung am Mittwoch im Kabinett beschlossen wird. Auch uber den Entwurf von Lauterbach und Buschmann soll an dem Tag abgestimmt werden. Ab Donnerstag wird im Bundestag dann erstmals uber verschiedene Antrage zur Impfpflicht diskutiert – aber noch nicht abgestimmt.
Diskussionen uber die Impfpflicht
Dazu ausserte sich am Wochenende FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann. >>Idealerweise brauchen wir die Impfpflicht im Herbst nicht mehr<<, sagte Ullmann der >>Bild am Sonntag<<. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion ist selbst Initiator des Antrags fur eine Impf-Nachweispflicht ab 50 Jahren.
Laut Ullmann konnte der von ihm unterstutzte Antrag >>eine Brucke sein<<. Dieser sehe bis zum 15. September eine Beratungspflicht vor. Wenn dann die Impfquote zu gering und das Gesundheitswesen uberlastet sei, werde uber die Impf-Nachweispflicht ab 50 Jahren abgestimmt.
Die Unionsfraktion will ebenfalls erst spater uber eine Impfpflicht abstimmen, sieht eine Beratungspflicht jedoch kritisch. >>Bei der Beratungspflicht ist fraglich, ob Druck wirklich zielfuhrend ware<>Bild am Sonntag<>auf Vorrat<< sei verfassungsrechtlich bedenklich. Er rechne nicht mehr damit, dass die Impfpflicht kommt.
Die Abstimmung uber eine mogliche Impfpflicht ist fur Anfang April im Bundestag geplant. Es liegen mehrere Vorschlage vor, die teils uber Parteigrenzen hinweg erarbeitet wurden:
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Ein Gesetzentwurf >>zur Aufklarung, Beratung und Impfung aller Volljahrigen<<, also einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren. Er wird von Abgeordneten von der SPD, Grunen und FDP unterstutzt.
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Daneben steht das Papier von FDP-Abgeordneten um Ullmann >>zur Einfuhrung einer verpflichtenden Impfberatung fur Erwachsene und einer altersbezogenen Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt<<. Auch dieser Vorschlag wurde von Abgeordneten der Grunen, der FDP und der SPD erarbeitet.
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Die CDU/CSU-Fraktion hat zudem einen Antrag fur einen nach Alters- und Berufsgruppen gestuften Impfmechanismus angekundigt.
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Andere Volksvertreter von der FDP, den Grunen und der Linken fordern einen Verzicht auf die Impfpflicht, wollen die Impfbereitschaft aber erhohen, darunter etwa Wolfgang Kubicki (FDP) und Sahra Wagenknecht (Die Linke).
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Die AFD-Fraktion hat einen Antrag mit dem Titel >>Keine gesetzliche Impfpflicht gegen das Covid-19-Virus<< eingereicht.