Die Vorwurfe gegen China, einen brisanten Uno-Bericht uber eine bevorstehende internationale Ernahrungskrise unter Verschluss zu halten, bekommen neue Nahrung. Die Volksrepublik, so Insider aus der Uno-Ernahrungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, verhindere die Veroffentlichung einer Einschatzung uber weltweite Folgen fur die Ernahrungslage, die sich aus dem Uberfall Russlands auf die Ukraine ergeben konnten. Die Ukraine ist einer der grossten Getreideproduzenten der Welt, durch die Kampfe drohen Ernteausfalle und damit geringere Exporte.
Der SPIEGEL hatte diese Woche bereits uber die Hintergrunde des internen Argers in der Uno-Organisation in Rom berichtet, der sich an der Rolle des FAO-Generalsekretars, Qu Dongyu, entzundet. Der Chinese soll die Publikation des FAO-Berichts verzogern – im Interesse seines Landes. (Lesen Sie hier den Bericht.)
Die Emporung uber die Vorgange in der FAO geht nun auch aus einem detailreichen funfseitigen Regierungsdokument – der >>Diplomatischen Korrespondenz<>Drahtbericht<>Das Schweigen der FAO zu den Folgen des Krieges in der UKR fur die globale Ernahrungssicherheit ist nach unseren vertrauenswurdigen Informationen von ganz oben, d.h. von DG QU personlich angeordnet worden<<, heisst es in dem Papier eines hochrangigen deutschen Diplomaten aus Rom.
So sei eine 15-seitige, umfassende Analyse zu den kurz- wie mittelfristigen Folgen fur die globale Ernahrungssicherheit >>kurzerhand kassiert, d.h. deren Veroffentlichung von seinen Vorgesetzten untersagt worden<>zweiseitige, auf Weisung von oben deutlich entscharfte Zusammenfassung (d.h. ohne Nennung des Wortes >Krieg<, ohne Bezugnahme auf RUS Militaroperationen in der UKR)<< sei bislang nicht freigegeben worden.
Detailliert werden in dem Papier des deutschen Diplomaten, dessen Name dem SPIEGEL bekannt ist, die Bemuhungen des hochstrangigen deutschen Vertreters in der FAO, Josef Schmidhuber, beschrieben, das Schweigen der Uno-Behorde zu brechen. Der stellvertretende Direktor der >>Markets and Trade Division<>rechte Hand<>von diesem unter grossem Druck<< stehe.
Die geschilderten Vorgange werfen ein Schlaglicht auf die Kommunikationsstrategie der FAO. So geht aus dem Dokument unter anderem hervor, dass Veroffentlichungen zum Themenkomplex fur die Presse erst an einem Freitagabend (>>nach Redaktionsschluss um 18 Uhr<>wenn das Interesse der intern. Presse nicht mehr gegeben ist, weil die Zahlen dann erst mit Verzogerung in der kommenden Woche verwendbar sind, mit anderen Worten bereits wieder >alt< sind<<. Dafur wird in dem Dokument Torero als Verantwortlicher genannt.
In einer als >>Wertung<>fristgemassen Veroffentlichung<>sprunghaften Anstieg der entsprechenden Preise<>angesichts der bevorstehenden Getreide- und Agrarguterknappheit noch ausreichend mit Weizen und Soja fur den eigenen heimischen Bedarf zu geringeren Preisen eindecken<>geopolitisch motivierte Interesse<>in irgendeiner Weise zu distanzieren<>Maulkorb<>nicht von RUS Krieg, Invasion etc. sprechen zu durfen<<.
Im Papier werden auch die weltweiten Abhangigkeiten vom ukrainischen Agrarexporten benannt. Die Ukraine sei der viertgrosste Weizenexporteur der Welt, so importiere der Libanon 50 Prozent seines Weizenbedarfs aus der Ukraine, Jemen 22 Prozent und Tunesien 42 Prozent. Agypten importiert demnach 80 Prozent aus der Ukraine und Russland, zudem sei die Ukraine fur das Land am Nil >>Hauptlieferant von Sonnenblumenol und Mais<<.
Die Schlussfolgerungen, die aus der diplomatischen Korrespondenz des Auswartigen Amtes hervorgehen, klingen duster. Die FAO, so heisst es abschliessend, komme ihren >>normativen Aufgaben offensichtlich nicht mehr als neutrale Wissensorganisation nach<weiteres Beispiel dafur>rucksichtslos vor den chinesischen Karren spannt und sie schamlos instrumentalisiert<<.
Am Freitag schliesslich reagierte auch Qu Dongyu, via Twitter. >>Storungen der Lebensmittelsysteme aufgrund des anhaltenden Konflikts in der Ukraine<>konnten die Ernahrungsunsicherheit weltweit weiter eskalieren lassen.<>bereits hoch und volatil sind<<.