: Frank-Walter Steinmeier, Annalena Baerbock, Wladimir Putin, Ukraine, DFB //
Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute geht es um die Zukunft der Demokratie, um einen Kriegsfilm, um den Westbalkan, um einen neuen Gedenktag und eine Schlangengrube namens DFB.
Der andere Blick
Bundesprasident Frank-Walter Steinmeier lasst heute im Schloss Bellevue uber die Zukunft der Demokratie diskutieren. Ein Gast ist sein Kollege aus Osterreich, Alexander van der Bellen.
AdvertisementFrank-Walter Steinmeier
Foto by BERND VON JOUTRCZENKA / AFP
Das grosste Problem von Demokratien war zuletzt die autoritare Versuchung, der Drang mancher Politiker, autoritar zu regieren. Und der Wunsch mancher Burger, autoritar regiert zu werden. Das ist ein inneres Problem der Staaten, das weiterhin viel Aufmerksamkeit verlangt.
Noch mehr als bisher wird man sich um ein ausseres Problem kummern mussen. Wenn man den Blick umdreht, sieht man eine demokratische Versuchung in autoritaren Staaten. Der Wunsch nach Freiheit und Demokratie macht Diktatoren Angst, in Russland, in China, in Arabien. Der russische Krieg gegen die Ukraine ist auch eine Folge dieser Angst.
Es ist wunderbar, dass es diesen Wunsch gibt. Was aber fehlt, ist eine Strategie des Westens, wie er mit dem Drang nach Freiheit in autoritaren Staaten umgeht, was er verspricht, wie er hilft, wo Grenzen sind. Bislang agiert man planlos. Eine fur alle verlassliche Strategie konnte kunftig helfen, Kriege zu vermeiden. Das ware auch ein Thema fur den Bundesprasidenten.
Russlands Demutigung
Aus gegebenem Anlass habe ich mir gestern den Film >>Der Krieg des Charlie Wilson<< angeschaut, erschienen 2007, mit Tom Hanks und Julia Roberts. Eine wahre Geschichte uber einen versoffenen Kongressabgeordneten, der zusammen mit einer Freundin den afghanischen Widerstandskampfern im Krieg gegen die sowjetischen Besatzer moderne Waffen verschaffte.
Waffenlieferungen aus Griechenland an die Ukraine
Foto: Eurokinissi / imago images/ZUMA Wire
Die Parallelen liegen auf der Hand. Der Westen wollte nicht offen in diesen Krieg eingreifen, weil das die Sowjetunion zu einem Atomschlag hatte provozieren konnen. Also lieferte man Waffen, in diesem Fall erfolgreich. Die Russen zogen ab – auch weil die Afghanen mit den >>Stinger<<-Raketen einen Kampfhubschrauber nach dem anderen vom Himmel schossen. Das Desaster in Afghanistan gilt als Anfang vom Ende des sowjetischen Imperiums.
Der Film ist kein Meisterwerk, obwohl Julia Roberts grossartig spielt. Unangenehm fand ich den Triumphalismus gegenuber den Russen, die in kurzen Auftritten wie Idioten wirken. Der Film macht ein Fest aus jedem Hubschrauber, der sich in einen Feuerball verwandelt. Als die letzten Russen abziehen, fordert Charlie Wilson einen CIA-Mann auf, einen Toast auf die Verlierer dieses Kriegs auszubringen. >>Auf euch, ihr bloden Wichser<<, sagt er. Ich habe mir diese Szene mehrmals angeschaut und dabei auch versucht, sie mit den Augen Putins zu sehen.
Es ist nur Hollywood, aber solchen Triumphalismus gab es auch in der Realitat. Diese Demutigung Russlands war komplett uberflussig, was nicht heisst, dass sie den Angriff auf die Ukraine in irgendeiner Weise rechtfertigt. Aber ein wenig kann sie ihn erklaren.
Baerbock auf dem Balkan
Aussenministerin Annalena Baerbock besucht heute Serbien und den Kosovo. Beide Staaten hoffen darauf, in die Europaische Union schlupfen zu konnen. Bislang werden sie aber hingehalten. Aus guten Grunden, erfullen sie doch weder die demokratischen noch die wirtschaftlichen Mindeststandards.
Annalena Baerbock
Foto: FEHIM DIEMIR / EPA
Doch wenn man sie draussen lasst, sind sie noch anfalliger fur Lockungen aus China. Im Falle Serbiens auch aus Russland, dem sich die Serben traditionell verbunden fuhlen. Die Frage ist dann, ob man sich ein Problem in die EU holt oder ob ein Problem am Rand der EU hat. Im Fall der Ukraine entschied man sich fur Option zwei und hat nun ein gewaltiges Problem am Rand der EU.
Serbien hat eine nationalistische Regierung, die den Verlust des Kosovo als Demutigung empfindet. Das macht den Westbalkan zum idealen Ort fur Putins Strategie der Destabilisierung gegenuber der EU. Ein schwieriger Tag fur Baerbock.
Islamisten und Rechtsextreme
Mann halt eine Blume in Gedenken an die Opfer der Terroranschlage von Madrid (Archivbild)
Foto: Emilio Naranjo/ dpa
Heute wird ein neuer Gedenktag in Deutschland eingefuhrt. Am 11. Marz 2004 zundeten islamistische Terroristen Bomben in vier Zugen, die in die Innenstadt von Madrid fuhren. 191 Menschen starben, mehr als 1800 wurden verletzt. Fur die Europaische Union ist der 11. Marz schon langer ein Gedenktag fur die Opfer von Terrorismus. Deutschland ubernimmt ihn jetzt. Ausser Islamisten haben hier vor allem Rechtsextreme rassistisch motivierte Anschlage verubt, zum Beispiel der NSU oder der Attentater von Halle.
Gewinner des Tages…
…wird entweder Bernd Neuendorf oder Peter Peters. Beide stellen sich heute der Wahl fur das Amt des DFB-Prasidenten. Eigentlich musste das mein Traumjob sein. Wichtige Fussballspiele in aller Welt anschauen, deutsche Welt- und Europameister in die Arme schliessen, hin und wieder bei einem Amateurfussballfest auf eine Torwand schiessen (mein Rekord steht bei drei von sechs Treffern). Herrlich.
Allerdings ist die DFB-Zentrale zu einer Schlangengrube geworden: Machtkampfe, Intrigen ohne Ende, Korruption. Keine andere deutsche Spitzeninstitution wurde so beschadigt wie diese, gerade von den Prasidenten. Ich muss also nicht traurig sein, dass mich niemand aufgefordert hat anzutreten. Die letzten Gewinner dieser Wahl waren bald Verlierer.
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Ich wunsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Dirk Kurbjuweit