Der Angriffskrieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Russland aus. Das zeigt eine SPIEGEL-Umfrage unter 82 deutschen Städten, die Partnerschaften oder besondere Kooperationen mit russischen Städten pflegen. Auf die Frage, ob sich der Krieg auf die Form der Beziehung auswirke, antworteten die Zuständigen von 61 Städten. 17 Verwaltungen geben an, dass man sich entschieden habe, die Partnerschaft formal auszusetzen oder diesen Schritt demnächst gehen wolle. Darunter sind Baden-Baden, Hamburg oder Neuss.
In einigen Städten wurde die Arbeit an gemeinsamen Projekten eingefroren, Veranstaltungen wurden abgesagt. Es gebe keine Grußworte, keinen Austausch, heißt es mancherorts. Tim Kruithoff, Oberbürgermeister in Emden, teilt mit, dass er »derzeit keine Grundlage« sehe, die Partnerschaft mit der Stadt Archangelsk »mit Leben zu füllen«. Er hoffe, dass die Beziehungen »alsbald auch offiziell auf friedlicher Grundlage fortgesetzt« werden könnten.
»Notwendigkeit zu einer harten Ansage«
Auch in Karlsruhe liegen die offiziellen Kontakte nach Krasnodar »auf Eis«, wie die Stadt mitteilt. Oberbürgermeister Frank Mentrup spricht von einer »dringenden Notwendigkeit zu einer klaren und harten Ansage« an seinen Amtskollegen in Russland. In Melle ruht die Partnerschaft mit Torschok. Es sei aber nicht beabsichtigt, »die Tür zuzuschlagen«, sagt Bürgermeisterin Jutta Dettmann.
AdvertisementUnter den Städten, die sich äußerten, hat aber keine ihre Partnerschaft grundsätzlich beendet. 44 Städte geben an, dass die Partnerschaft in Kraft bleibe, darunter Braunschweig, Berlin und Cottbus.
Städtetag setzt auf Partnerschaften
In Wolfsburg hält man die Verbindung nach Toljatti am Leben. Städtepartnerschaften böten »einen unverzichtbaren Dialogkanal in die Zivilgesellschaften«, heißt es vonseiten der Stadtverwaltung. Oberbürgermeister Dennis Weilmann sagt, er wolle nun erst recht den Kontakt nach Russland suchen. Nur so, sagt er, könne man »den Gedanken der Völkerverständigung auf kommunaler Ebene verfolgen«. Es sei »Putins Krieg und nicht der des russischen Volkes«, teilt die Stadt Chemnitz mit, die seit 1988 eine Partnerschaft mit Wolgograd hat.
Der Westen wehrt sich
Der gemeinsame Feind bringt Europäer und US-Amerikaner zusammen. Die Nato, vor Kurzem noch für hirntot erklärt, rüstet auf, auch mit deutscher Unterstützung. Doch funktioniert das Prinzip Abschreckung bei Putin überhaupt? Und welche Rolle will China spielen?
Lesen Sie unsere Titelgeschichte, weitere Hintergründe und Analysen im digitalen SPIEGEL.
Das Präsidium des Deutschen Städtetags sprach sich zuletzt dagegen aus, Partnerschaften mit russischen Städten zu beenden.