Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute geht es um mögliche Wege für Wladimir Putin aus dieser Krise, um die Rede zur Lage der Nation von US-Präsident Joe Biden – und um das Lob im Ausland für Olaf Scholz und Deutschland.
Putin gerät weiter unter Druck
Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine erweist sich schon jetzt als fatale Fehlentscheidung, auch für Russland. Das Land erfährt die härtesten westlichen Sanktionen aller Zeiten, der Rubel fällt ins Bodenlose, die Börse in Moskau muss geschlossen werden, Menschen versuchen verzweifelt, an den Geldautomaten Geld abzuheben, bevor keines mehr da ist.
An der Front in der Ukraine stößt die russische Armee derweil weiter auf erbitterten Widerstand. Nach unbestätigten Berichten sollen schon gut 4000 russische Soldaten gefallen sein. Es gibt Hinweise auf eine rapide sinkende Moral in der russischen Armee.
AdvertisementKurz gesagt, es ist ein Wahnsinn.
Das Problem ist: Aktuell ist kein Weg aus der verfahrenen Lage zu erkennen. In Moskau gibt es zwar Murren über den Boss, aber ernsthafte Putsch-Absichten gegen Putin sind nicht zu erkennen. Bei den Friedensverhandlungen zwischen einer ukrainischen und einer russischen Delegation an der Grenze zu Belarus gibt es bislang ebenfalls keinen Durchbruch. Das einzige gute Zeichen: Es soll weiter geredet werden.
Zerstörtes russisches Militärfahrzeug: Die Ukrainer leisten erbitterten Widerstand
Foto: Vitaliy Gnidyi / REUTERS
Russland hat noch viele Möglichkeiten, diesen Krieg militärisch fortzusetzen und zu intensivieren. Das Pentagon in Washington warnt, dass Putin weiterhin sehr starke Kampfkräfte zur Verfügung habe und diese nun wohl auch in die Schlacht einbringen will.
Schon jetzt erhöhen die russischen Streitkräfte in den Großstädten Charkiw und Kiew den Druck auf die ukrainische Armee. Weil sie nicht weiterkommen, greifen Putins Militärs auf ein altes Mittel zurück: Sie beginnen, alles kurz und klein zu schlagen. Wenn die Kämpfe so weitergehen, könnten Teile dieser Städte schon bald so aussehen wie die zerbombten Innenstädte von Grosny oder Aleppo.
Eine Möglichkeit für den Westen wäre, Putin nun eine diplomatische Brücke zu bauen. Man könnte ihm Angebote machen, etwa eine Lockerung der Sanktionen in Aussicht stellen, wenn er von der Ukraine ablässt. Wird er darauf eingehen? Putin soll in einem Telefonat mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erneut alle möglichen Forderungen aufgestellt haben: Neutralität, »Entmilitarisierung« und »Entnazifizierung« der Ukraine sowie die Anerkennung seiner Krim-Annexion von 2014. Das klingt nicht gerade nach einer baldigen diplomatischen Lösung.
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Im Ausland Lob für Scholz und Deutschland
Es hat gedauert, bis die Bundesregierung in dieser Krise den richtigen Ton und die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Aber dafür wird sie nun im Ausland mit Lob überhäuft – von Polen bis Großbritannien. Auch in den USA sind Kanzler Olaf Scholz und die Kehrtwende bei den deutschen Militärausgaben in aller Munde.
In den Fernsehsendern – von CNN bis Fox News – fällt stets das anerkennende Wort »huge« (sehr groß, enorm), wenn über das neue deutsche Armee-Budget gesprochen wird. Bis vor wenigen Tagen war das ganz anders, da wurde in Bezug auf die deutsche Regierung noch gerne eine Abkürzung aus der Militärsprache genutzt: AWOL, das bedeutet so viel wie »unerlaubt abwesend«.
Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Christian Lindner: Anerkennung für die deutsche Entscheidung zur Aufrüstung
Foto: MICHELE TANTUSSI / AP
Allen voran feiert das konservative »Wall Street Journal« die Rede von Scholz als starkes Signal: Putin habe soeben »Deutschland verloren«, kommentiert das Blatt. Endlich übernehme Deutschland seinen Platz als »vollständiges und zuverlässiges Nato-Mitglied«.
Ähnlich kommentiert es die »Los Angeles Times«: Jahrelang hätten die US-Präsidenten Donald Trump und Barack Obama vergeblich versucht, die Deutschen zu höheren Verteidigungsausgaben zu überreden, Putin habe das Wunder nun geschafft, schreibt das Blatt.
Und selbst der frühere Trump-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, ist plötzlich voll des Lobes für Berlin: Olaf Scholz verdiene für seine Entscheidung Anerkennung, twitterte er.
Im Weißen Haus und in der US-Regierung ist man selbstverständlich ebenfalls zufrieden, was wohl auch daran liegt, dass der US-Rüstungsindustrie nun einige gute Aufträge aus Deutschland winken könnten. Es geht zum Beispiel um neue Militärjets vom Typ F-35 aus amerikanischer Fertigung, für die sich die Deutschen schon länger interessieren, für die sie bislang aber noch keine Zusage gemacht haben. Nun ist das Geld da, die Bestellung könnte beim Hersteller Lockheed Martin schon bald eingehen.
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Joe Biden spricht zur Lage der Nation
Mitten in dieser schweren Krise wird US-Präsident Joe Biden heute seine erste Rede zur Lage der Nation vor beiden Häusern des US-Kongresses halten. Der Krieg in der Ukraine dürfte dabei ein zentrales Thema sein, doch natürlich ist bei solchen Anlässen für die Amerikaner die Innenpolitik ebenfalls wichtig. Was sagt Biden zur steigenden Inflation? Wie gedenkt er, seine ehrgeizigen Reformpläne voranzubringen, nachdem weite Teile davon im Senat blockiert wurden?
US-Präsident Joe Biden: Hohe Erwartungen an den Commander-in-Chief
Foto: Chris Kleponis – Pool via CNP / imago images/ZUMA Wire
Für Biden geht es um viel. Seine Beliebtheitswerte sind weiter schlecht, Millionen Amerikaner werden den Auftritt an den Fernsehschirmen verfolgen. Dies wäre für ihn also eine gute Gelegenheit, sein Image im Wahlvolk zu verbessern.
In der Ukrainekrise macht der US-Präsident bislang eine gute Figur, das könnte ihm mittelfristig helfen. Er konnte den Krieg zwar nicht verhindern. Doch er hat es geschafft, die Nato zusammenzubringen; seine Regierung ist die treibende Kraft hinter den Sanktionen gegen Russland.
Interessant dürfte sein, die Reaktion der Republikaner auf die Biden-Rede zu beobachten. In den vergangenen Monaten war die politische Stimmung in Washington stets so aufgeheizt, dass es selten Beifall von der Opposition für Biden gab. Gut möglich, dass der Ukrainekrieg das diesmal – zumindest ein wenig – ändert.
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Gewinner des Tages…
Geflüchtete in einer polnischen Notunterkunft
Foto: Armin Durgut/PIXSELL / imago images/Pixsell
… sind die Polen. Anders als bei der großen Flüchtlingskrise 2015 zeigen sie nun viel Menschlichkeit und sind dazu bereit, den Flüchtenden aus der Ukraine zu helfen. Natürlich stellt sich die Frage, warum das so nicht schon möglich war, als die Menschen, die aus Syrien und dem Irak kamen, Hilfe brauchten, aber geschenkt. Mehr als 200.000 Flüchtende sind nun schon nach Polen eingereist, hauptsächlich Frauen und Kinder.
Es gibt Sammelaktionen für Spenden, die Menschen stellen Unterkünfte zur Verfügung, Kleidung und Verpflegung. Auch nach Rumänien und Ungarn fliehen die Menschen. Die EU hat angekündigt, dass alle Flüchtenden aufgenommen werden sollen. In Deutschland bereitet man sich ebenfalls auf die Ankunft von mehr Menschen aus der Ukraine vor. Schätzungen gehen davon aus, dass in diesem Krieg fünf bis sieben Millionen Menschen auf der Flucht sein könnten, wenn der Konflikt anhält.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Roland Nelles