Mehrere Spitzenvertreter der SPD haben Ex-Bundeskanzler und Gaslobbyist Gerhard Schröder zum Rückzug aus seinen Ämtern bei russischen Energiekonzernen aufgefordert. Stephan Weil, Ministerpräsident und Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen, schrieb in einer Erklärung, Schröder habe sich in der Vergangenheit »große Verdienste für Deutschland und Niedersachsen erworben«. Unvergessen sei etwa der Mut, mit dem er Deutschland aus dem Irakkrieg herausgehalten habe. »Gerade vor diesem Hintergrund blicken derzeit viele Menschen auf Gerhard Schröder und seine Position zu Putins Angriffskrieg auf die Ukraine«, schreibt Weil.
Zwar sei es richtig, dass Schröder die Verantwortung dafür der russischen Regierung zuweise – dabei könne es allerdings nicht bleiben. »Vielmehr muss es derzeit darauf ankommen, überall unzweideutig zu vermitteln, dass das russische Vorgehen komplett inakzeptabel ist. In keiner Hinsicht darf der Eindruck von Normalität vermittelt werden. Deswegen muss auch Gerhard Schröder sein Engagement in russischen Energieunternehmen beenden und damit die Anstrengungen der Bundesregierung und des gesamten Westens unterstützen.«
Bisher war Weil mit Kritik an seinem früheren Förderer und Vorbild äußerst sparsam umgegangen. Gerhard Schröder hatte dem SPD-Landesvorsitzenden früh eine bundespolitische Karriere vorausgesagt und ihn in mehreren Wahlkämpfen aktiv unterstützt. Nun distanziert sich Weil deutlich von dem heutigen Lobbyisten:
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»Zwischen Tätern und Opfern der Aggression in der Ukraine können wir derzeit klar unterscheiden«, heißt es in seiner Erklärung. Die Menschen in der Ukraine seien Opfer eines durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieges Russlands. »Für die niedersächsische SPD ist klar, auf wessen Seite sie in dieser Situation steht – auf der Seite der Ukraine.«
Klingbeil: »Mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte«
Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil forderte Schröder auf, seine beruflichen Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzukündigen. »Mit einem Aggressor, mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte«, schrieb Klingbeil auf Facebook. Als Bundeskanzler a.D. handle man nie komplett privat, schon gar nicht in einer Situation wie der jetzigen. »Es ist deswegen überfällig, die geschäftlichen Beziehungen zu Putin zu beenden. Das erwarte ich unmissverständlich.«
Schröder, ein langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, steht wegen seiner vielen Posten in russischen Staatskonzernen seit Jahren in der Kritik. Er ist Aufsichtsratschef beim Energiekonzern Rosneft, außerdem hat der Sozialdemokrat Führungspositionen bei den Pipelineprojekten Nord Stream und Nord Stream 2 inne. Der russische Energieriese Gazprom hatte zudem jüngst mitgeteilt, Schröder sei für den Aufsichtsrat des Staatskonzerns nominiert worden.
Zuletzt war Schröder aufgefallen, weil er vor dem Angriff Russlands ukrainische Forderungen nach Waffenlieferungen als »Säbelrasseln« kritisierte. Klingbeil betonte danach mehrfach, Schröder vertrete damit nicht die Meinung der SPD.