Betroffen sind der Energiesektor, die Finanzbranche und die Transportindustrie: Als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine haben die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder bei einem Sondergipfel einem umfangreichen Sanktionspaket gegen Russland zugestimmt. Es umfasst auch Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visapolitik.
Die EU-Kommission hatte das Paket vorbereitet. Formal muss der Ministerrat der EU-Staaten es noch verabschieden. Dies soll am Freitag passieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ein Paket »massiver und gezielter Sanktionen« angekündigt.
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Bei den Sanktionen gegen den Finanzsektor geht es den Angaben zufolge vor allem darum, Banken von den EU-Finanzmärkten abzuschneiden. Sie sollen sich in der EU künftig kein Geld mehr ausleihen und auch kein Geld mehr verleihen können. Zudem soll die Refinanzierung russischer Staatsunternehmen in der EU verhindert werden. Ihre Aktien sollen nicht mehr in der EU gehandelt werden. Ähnliches ist für den Energiesektor geplant.
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Bei den Sanktionen gegen den Transportsektor geht es vor allem darum, die russische Luftverkehrsbranche von der Versorgung mit Ersatzteilen und anderer Technik abzuschneiden. Damit könne man mit relativ kleinem Aufwand riesige Wirkung erzielen und sogar ganze Flotten stilllegen, hieß es in Brüssel. Die Exportkontrollen für Hightech-Produkte und Software sollen es auch anderen russischen Schlüsselindustrien schwer machen, sich weiterzuentwickeln.
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Die Einschränkungen bei der Visapolitik sollen sich gegen Russen richten, die bislang privilegierte Einreisemöglichkeiten in die EU hatten. Dazu zählen neben Diplomaten beispielsweise auch Geschäftsleute.
Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell nannte die Maßnahmen das härteste Sanktionspaket, das die Staatengemeinschaft je beschlossen habe. »Unsere Sanktionen werden die russische Wirtschaft in ihrem Herzen treffen«, sagte der belgische Premierminister Alexander De Croo.
Ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift und Ausfuhrverbote, etwa für Erdgas, waren nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa zunächst nicht vorgesehen. Es wird allerdings für gut möglich gehalten, dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einem Ausschluss aus Swift kommt und dass Russland selbst die Versorgung der EU mit Erdgas einstellt. Bislang liefert der russische Staatskonzern Gazprom nach Angaben der EU-Kommission rund 40 Prozent der in der EU verbrauchten Gasmenge.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in Brüssel zurückhaltend über einen möglichen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift geäußert. Nach dieser Strafmaßnahme gefragt, sagte Scholz lediglich, es sei nötig bestimmte Strafmaßnahmen für den Fall zurückzuhalten, dass die Lage noch weiter eskaliere.
Auch US-Präsident Joe Biden hat am frühen Abend neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Die USA frieren Guthaben von vier russische Banken in den USA ein. Davon betroffen ist auch die zweitgrößte russische Bank VTB. Strafmaßnahmen wurden auch gegen die größte russische Bank Sberbank verhängt. Die US-Regierung will Russland damit so weit wie möglich von den internationalen Finanzmärkten abschneiden.
USA verhängen Strafmaßnahmen gegen Oligarchen
Biden kündigte zudem neue Exportkontrollen sowie Strafmaßnahmen gegen weitere russische Oligarchen an. »Das wird der russischen Wirtschaft hohe Kosten auferlegen, sowohl sofort als auch langfristig«, sagte der US-Präsident. Die USA verhängten zudem Sanktionen gegen 24 Einzelpersonen und Organisationen aus Belarus wegen Unterstützung des russischen Einmarsches in die Ukraine.
Biden sagte auch, Sanktionen gegen den russischen Präsidenten persönlich seien nach wie vor eine Option, auch wenn sie jetzt nicht verhängt wurden. Dies gelte auch für einen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift. Biden verwies darauf, dass dieser Schritt in Europa bislang auf Widerstand stoße. Diese Einschätzung bewahrheitete sich beim EU-Gipfel.