Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:
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Russische Truppenbewegungen – Ist der Einmarsch in die Ukraine noch zu verhindern?
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Fernweh – Wann geht der nächste Flieger nach Australien?
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Inferno – Wie kann ein Wohnkomplex so schnell in Flammen aufgehen?
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1. Schrecken ohne Ende
Seit Tagen warnt die US-Regierung vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Der alarmistische Sound wurde auch heute nicht leiser. Man könne keinen genauen Tag vorhersagen, sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Montagmorgen im US-Fernsehen – ein Angriff sei allerdings in den »kommenden Stunden oder Tagen« möglich.
Auch die britische Außenministerin hält eine russische Invasion der Ukraine für »hoch wahrscheinlich«. Ob das heutige Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Deeskalation beigetragen hat, ist noch nicht bekannt.
Nur eine halbwegs gute Nachricht gab es heute im gleichen Atemzug mit dem Wort »Russland« zu vermelden: Laut Berechnungen der Bundesregierung käme Deutschland wohl ohne russisches Gas über den Rest des Winters. Selbst bei einem kompletten Lieferstopp wären die Speicher voll genug, um über den Rest der aktuellen Heizperiode zu kommen.
Derzeit werden rund 55 Prozent des nationalen Bedarfs vom Staatskonzern Gazprom gedeckt. Durch die Spannungen an der ukrainisch-russischen Grenze gibt es Befürchtungen, dass Russland im Falle eines Krieges seine Gaslieferungen nach Europa komplett einstellt. Mein Kollege aus dem SPIEGEL-Wirtschaftsressort Stefan Schultz schreibt, die Bundesregierung habe es »viele Jahre versäumt, sich von Russlands Gaslieferungen unabhängiger zu machen.«
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2. Grenzenlose Freude
Innige Umarmungen, lachende Gesichter, Tränen der Freude. Wovon die Menschen an der ukrainisch-russischen Grenze nur träumen können, wurde heute in Australien Realität. Genau 704 Tage lang waren die Grenzen Down Under geschlossen. Seit heute dürfen zweifach geimpfte Besucher wieder ohne Einschränkungen einreisen. Die Szenen vom Flughafen in Sydney wärmten das Herz. Dan Tehan, der australische Tourismusminister, freute sich: »Wie herzlich die ersten Passagiere aus den Flugzeugen hier empfangen wurden, das war wirklich außergewöhnlich.« Jeder habe gefeiert. »Das war großartig.«
Kaum ein anderes westliches Land verfolgte die letzten Monate eine derart strikte Abschottungsstrategie. Australien hatte zu Beginn der Pandemie extrem strenge Regeln eingeführt und zunächst versucht, eine Null-Covid-Strategie durchzusetzen. Staatsbürger durften zwar aus dem Ausland zurückkehren – es gab aber strenge Obergrenzen.
Es gebe weltweit mehr als 1,2 Millionen Menschen mit gültigen Visa, die nun kommen könnten, sagte Premierminister Scott Morrison. Seine Botschaft an alle Menschen weltweit: »Packen Sie ihre Sachen, kommen Sie.« Und dann schickte er noch, wenig subtil, hinterher: »Vergessen Sie nicht, Ihr Geld mitzubringen, denn Sie werden viele Möglichkeiten finden, es auszugeben.«
Wer über Fernweh und eine gut gefüllte Reisekasse verfügt, dem sei folgender Artikel meiner SPIEGEL-Kollegin Julia Stanek empfohlen: Sie stellt darin die besten 15 Strände Australiens vor.
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3. Inferno in Essen
Das Feuer brach am frühen Montagmorgen aus – den ganzen Tag über war die Feuerwehr mit einem Großaufgebot dabei, den Essener Wohnblock zu löschen. In dem Komplex mit 39 Wohnungen brannten nach Angaben der Stadt 35 Einheiten vollständig aus. Betroffene schildern die dramatische Nacht: »Wir haben aus unserem Schlafzimmerfenster direkt draufgeguckt, das waren drei Meter hohe lodernde Feuerflammen. Das ging so schnell, dass wir immer noch weiche Knie haben.«
Wenn man die Bilder des lichterloh brennenden Gebäudes sieht, das erst 2015 fertiggestellt wurde, kann man kaum glauben, dass offenbar nur drei Menschen mit einer Rauchvergiftung in Kliniken behandelt werden mussten. Was den Großbrand verursacht hat, ist noch unklar. »Die massive Brandausbreitung hat alle Einsatzkräfte sehr überrascht«, sagte ein Essener Feuerwehrsprecher. In der Regel verfügten moderne Gebäude über Brandsperren.
Der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Frank Hachemer, mutmaßt, dass sich das verheerende Feuer über den Außenbereich des Gebäudes ausgebreitet haben könnte – möglicherweise über eine Fassadendämmung. Windböen von Sturm »Antonia« haben die Flammen womöglich zusätzlich angefacht.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat den Betroffenen des Flammeninfernos selbstverständlich sein Mitgefühl ausgedrückt. Vor Ort war er heute allerdings nicht in Essen, sondern in Bayern. Gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beklagte er die »soziale Kälte« der Ampel und forderte unter anderem eine Erhöhung der Pendlerpauschale sowie eine Senkung der Stromsteuer auf europäisches Mindestmaß.
Ich musste den ganzen Tag an ein berühmtes Zitat vom Meister des Versprechers Edmund Stoiber denken, das auf eine Postkarte gebannt an der Pinnwand meines SPIEGEL-Büros hängt: »Dann bedarf es nur noch eines kleinen Sprühens sozusagen, in die gludernde Lot, in die gludernde Flut, dass wir das schaffen können. Und deswegen in die lodernde Flut, wenn ich das sagen darf!«
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Was heute weniger wichtig ist
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»Feiern mit angezogener Spaßbremse« – für Otto ist das keine Option. Trotz der zu erwartenden Coronalockerungen ab Mitte März hat der Komiker seine geplante Tournee für dieses Jahr gecancelt. Die aktuellen Maßnahmen, die unterschiedlichen Verordnungen und Bestimmungen in Europa wie auch in den Bundesländern, würden für die Tour keine Planungssicherheit garantieren, teilte der Veranstalter mit. Die traurige Nachricht überbrachte er in einem Lied auf Instagram. In einem gut einminütigen Video singt er: »Bei Regen und Schnee geh’ ich gern auf Tournee. Aber dieses Jahr geht’s leider nicht.« Die Tour wäre am 2. April in Emden gestartet. Die Tickets können seit heute zurückgegeben werden.
Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »An der Seite von Dwayne Wade hatte Nowitzi im US-Fernsehen über alte Rivalitäten gescherzt.«
Cartoon des Tages: Gespräche auf allen Kanälen
Foto:
Thomas Plaßmann
Und heute Abend?
Heute wird der Pumuckl 60 Jahre alt. Der Bayerische Rundfunk zeigt daher in seiner immer sehr sehenswerten Porträt-Reihe »Lebenslinien«, als deren großer Fan ich mich hiermit oute, die Dokumentation »Der Pumuckl in mir«.
Sein Aussehen verdankt der berühmte Kobold Pumuckl nämlich der Zeichnerin Barbara von Johnson, die sich als Kind oft in die Welt der Fantasie flüchtete, malte und viel zeichnete. Mit 21 Jahren gewann sie den von Ellis Kaut ausgeschriebenen Wettbewerb zur Visualisierung des Pumuckls. Wie ihre eigene Lebenslinie seither verlaufen ist, kann man ab 22 Uhr im BR erfahren.
Einen schönen Abend wünscht Ihnen
Anna Clauß
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