Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß hat die Frist für die von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) geforderte Unterlassungserklärung verstreichen lassen. Ploß’ Anwältin wies den Vorwurf zurück, ihr Mandant verbreite eine »unwahre« Behauptung über Schwesig, und betonte, die SPD-Politikerin müsse Kritik »auch in zugespitzter Form« hinnehmen.
AdvertisementIn dem Streit geht es um Aussagen des CDU-Bundestagsabgeordneten in der ZDF-Talkshow »Markus Lanz« zur Haltung der SPD gegenüber Russland. In der Sendung hatte Ploß den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil direkt auf Schwesig angesprochen: »Dann haben Sie Personen wie Manuela Schwesig, die klar sagt, also diese Völkerrechtsverletzungen, die interessieren mich nicht. Hauptsache, die Pipeline kommt in Betrieb.«
Der Satz fiel im Zusammenhang mit der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 (lesen Sie hier mehr über Klingbeil und das Russlandproblem der SPD). Schwesig ging gegen die Verbal-Attacke juristisch vor. »Ihre Behauptung über Manuela Schwesig ist unwahr; sie hat nichts Derartiges gesagt«, stellte Schwesigs Anwalt Michael Nesselhauf in einem Schreiben an Ploß fest und forderte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Nesselhauf ist ein bekannter Medienanwalt, der auch schon Gaslobbyist und Altkanzler Gerhard Schröder vertreten hat.
Kommt nun Klage von Schwesig?
Statt die Unterlassungserklärung zu unterschreiben, hat Ploß nun seine Anwältin Patricia Cronemeyer antworten lassen. Das Schreiben liegt dem SPIEGEL ebenfalls vor. »Unser Mandant hat Ihre Mandantin bereits nicht zitiert, erst Recht ist ihm daher kein Falschzitat vorzuwerfen«, heißt es darin. Ploß habe in einer »hitzigen Diskussion« lediglich eine fehlende Klarheit der Sozialdemokraten mit Blick auf die Situation der Ukraine kritisiert. »In diesem Zusammenhang durfte er natürlich auf die Position Ihrer Mandantin hinweisen, die diese bekanntlich öffentlich vertritt.«
Anwältin Cronemeyer sagte dem SPIEGEL: »Beiträge zur Auseinandersetzung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, wie es die Ukrainekrise und die Haltung der Parteien hierzu natürlich ist, genießen – das betont das Bundesverfassungsgericht regelmäßig – besonders starken Schutz.« In der juristischen Beurteilung gelte sogar eine Vermutung zugunsten der freien Rede. »In der öffentlichen Auseinandersetzung muss eine Ministerpräsidentin öffentlich geäußerte Kritik daher auch in zugespitzter Form hinnehmen, weil andernfalls die Gefahr einer Verengung oder gar Lähmung des Meinungsbildungsprozesses droht«, so Cronemeyer.
Ob Schwesig nach der nicht abgegeben Erklärung nun vor Gericht ziehen wird, ist unklar. Schwesigs Regierungssprecher sagte auch Nachfrage nur, man wolle sich derzeit nicht zu dem Fall äußern.
Ploß gibt sich derweil zuversichtlich, die Angelegenheit notfalls vor Gericht auszutragen. »Es geht mittlerweile auch ums Prinzip, denn die Entscheidung würde über den Einzelfall hinaus wirken«, sagte der CDU-Landeschef. »Gerade in Zeiten, in denen laut Umfragen immer mehr Menschen Sorge davor haben, ihre Meinung nicht mehr bedenkenlos äußern zu können, ist das Vorgehen von Frau Schwesig ein hochproblematisches Signal.«
Überdies bekräftigte Ploß seine Kritik an der SPD. Die Sozialdemokraten hätten »keine klare Haltung zu Russland und Nord Stream 2«, was der Position Deutschlands und der Verbündeten im Auftreten gegenüber Russland schade. »Die Kritik daran ist berechtigt und dringend notwendig. Ich lasse mich nicht mundtot machen«, sagte der CDU-Landesvorsitzende.