Die konservative Fraktion im EU-Parlament (EVP) will eine Notbremse gegen zu schnell steigende CO2-Preise durchsetzen. Das geht aus einem mit der Fraktion abgestimmten Änderungsantrag des EU-Abgeordneten Peter Liese hervor, der dem SPIEGEL vorliegt.
Die Bremse soll wirksam werden, wenn die Preise im EU-Emissionshandel sechs Monate lang doppelt so hoch sind wie im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre. Die EU-Kommission solle in diesem Fall 100 Millionen zusätzliche Zertifikate in den Markt geben. Ein solcher Angebotsschub würde bei gleich bleibender Nachfrage dann die Preise dämpfen.
Der Emissionshandel ist das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Rund 12.000 Unternehmen und Stromproduzenten in der EU müssen für jede von ihnen ausgestoßene Tonne Kohlendioxid ein Zertifikat vorweisen. Das klimaschädliche Gas wird so zum Kostenfaktor – was Unternehmen bewegen soll, ihren CO2-Ausstoß zu senken. Das System wird aktuell von der EU-Kommission überarbeitet.
Advertisement»Der Emissionshandel ist zur Erreichung der Klimaziele von zentraler Bedeutung«, sagt Liese, der die Reform des Systems als Berichterstatter des Umweltausschusses eng begleitet. »Dennoch benötigen einen Mechanismus, der einen zu raschen Anstieg der Preise verhindert und so Wirtschaft und Haushalte schützt.«
Die EVP, der Liese angehört, ist die größte Fraktion im Europäischen Parlament. Die geplante Reform des Emissionshandels muss von den Abgeordneten abgesegnet werden. Sollte die Kommission auf Lieses Vorschlag nicht eingehen, könnte die EVP der Reform ihre Zustimmung verweigern, heißt es.
Die CO2-Preise in Europa haben sich seit Anfang 2020 mehr als vervierfacht – von gut 20 auf rund 90 Euro pro Tonne. Vor allem seit November 2021 haben sie noch einmal kräftig zugelegt. Hauptgrund dafür ist die Gasknappheit in Europa, wegen der besonders CO2-intensive Kohlekraftwerke verstärkt Strom produzieren und mehr Zertifikate nachfragen.
Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen das ebenfalls zu spüren. Denn der Anstieg der CO2-Preise ist einer von mehreren Faktoren für den Schub der Strom- und Gaspreise für Endkunden. Laut einer Analyse des britischen Thinktanks Ember ist der preistreibende Effekt allerdings weit geringer als der Anstieg der Einkaufspreise für Kohle und Gas.