Der Bundestag will im März in offener Abstimmung über eine allgemeine Impfpflicht beraten. Neben Plänen zu einer Impfpflicht ab 18 Jahren wird auch eine Verpflicht ab 50 Jahren diskutiert. Nun kontern CDU und CSU die bisherigen Pläne – mit einem Antrag für ein Impfvorsorgegesetz. Der Antrag, der dem SPIEGEL vorliegt, soll statt einer sofortigen Impfpflicht diese nur für den Ernstfall vorbereiten.
Die »immer wieder neuen, verschieden infektiösen und unterschiedlich gravierenden Virusvarianten« bedürfen »eines vorausschauenden und flexiblen Impfvorsorgekonzepts«, heißt es im Antrag. Die Unionsfraktion schlägt daher die Schaffung eines Impfregisters vor, das helfen soll, bei möglichen künftigen Coronawellen Ungeimpfte gezielt zu kontaktieren und gegebenenfalls dann eine Impfpflicht einzuführen.
Der Antrag mahnt vor allem eine weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens an. Die Regierung müsse zudem per Gesetz regeln, ob künftig ein »Impfmechanismus« nötig wird, der gezielt auf neue Virusvarianten reagieren kann.
Advertisement»Chaos verhindern«
CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Idee eines Impfvorsorgegesetzes bereits vor einigen Tagen angekündigt. Damit könne man nicht die gegenwärtige Welle brechen, aber es betreffe »eine spätere mögliche Welle, um genau das Chaos zu verhindern, was wir jetzt mit der übers Knie gebrochenen Impfpflicht für die Einrichtungen erleben.«
Innerhalb der Union gehört der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann zu den Architekten des Antrags. »Sich jetzt final für oder gegen eine Impfpflicht zu entscheiden ist wie Schießen bei Nebel und schlechter Sicht«, sagte er dem SPIEGEL. »Wir wissen viel zu wenig über die Situation im Herbst, um wirklich durchdachte Entscheidungen treffen zu können.« Ein Impfregister könne aber in jedem Fall helfen, die Impfquote noch einmal durch gezieltere Ansprache auf Ungeimpfte zu erhöhen. »Wenn wir das Register jetzt effizient bauen und vor allem nutzen, kommen wir vielleicht sogar um eine Impfpflicht herum.«
Die Ampel hofft hingegen auf eine schon bald beschlossene Impfpflicht. Auch diese soll nicht die gegenwärtige Omikronwelle brechen, sondern vorbereitend für den Herbst sein. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mahnt an, dass es in der vulnerablen Gruppe der Über-60-Jährigen noch drei Millionen Ungeimpfte gibt – die einer neuen Welle im Herbst schutzlos ausgeliefert wären. Damit diese bis dahin geimpft sind, müsse eine Verpflichtung schon jetzt beschlossen werden.
Ampel stellt ersten Gesetzentwurf vor
Am Freitag haben sieben Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP entsprechend einen ersten ausgearbeiteten Entwurf für ein »Gesetz zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen« vorgelegt. Der Entwurf liegt dem SPIEGEL vor. In einem ersten Schritt sollen die Krankenkassen zunächst bis zum 15. Mai 2022 alle Erwachsenen persönlich über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informieren. Ab 1. Oktober müssen dann alle Erwachsenen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland Nachweise über drei Impfungen oder als Genesene haben und sie auf Anforderung vorlegen – bei Behörden oder der Krankenkasse.
Ausnahmen gibt es für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können und Frauen zu Beginn einer Schwangerschaft. Das Gesetz soll bis 31. Dezember 2023 befristet sein und bis dahin alle drei Monate auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden.
Neben dem Gesetzentwurf wird im Bundestag auch eine von FDP-Vize Wolfgang Kubicki geführte Idee gegen eine allgemeine Impfpflicht und ein Vorschlag für lediglich verpflichtende Beratungsgespräche für alle volljährigen Ungeimpften diskutiert.