Aus verschiedenen Bundesländern gibt es erhebliche Kritik an dem Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und CDU-Chef Friedrich Merz zum Aussetzen der Impfpflicht für Pflegekräfte.
»So etwas schadet in der Pandemie und führt zu maximaler Verunsicherung«, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Söder und Merz würden das beschlossene Gesetz »einseitig« und im Alleingang aufkündigen.
Diese Entscheidung mache die Politik »unglaubwürdig«, sagte Dreyer. Die Impfpflicht für Pflegekräfte sei im Bundesrat einstimmig beschlossen worden. Auch Söder habe damals dafür gestimmt. Für sie sei die Entscheidung aus Bayern »mehr als ärgerlich«. Rheinland-Pfalz werde sich an das beschlossene Gesetz halten.
AdvertisementKritik aus dem Norden
Söder hatte am Montag erklärt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte zunächst nicht umzusetzen. Der Kritik an dem Gesetz schlossen sich weitere CDU-Ministerpräsidenten an. Das Gesetz sieht vor, dass ab dem 15. März Beschäftigte von Einrichtungen wie Kliniken, Arztpraxen sowie Alten- und Pflegeheimen eine vollständige Impfung gegen das Coronavirus nachweisen müssen.
Scharfe Kritik gab es auch aus Hamburg an den Plänen von Söder, die Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen de facto nicht umzusetzen. Diese Ankündigung treffe auf großes Unverständnis, sagte ein Senatssprecher. Die Unionsfraktion habe im Bundestag der Impfpflicht zugestimmt, ebenso die bayerische Staatsregierung im Bundesrat. Auch Söder selbst habe die Pflicht gefordert und ihr zugestimmt, kritisierte der Hamburger Senat.
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) sagte, sie könne diesen Schritt von Söder nicht nachvollziehen. Es sei »eine Politik zu Lasten alter Menschen«. Auch wenn noch manche Fragen mit den Kommunen und Pflegeeinrichtungen zu klären seien, werde Mecklenburg-Vorpommern die Impflicht umsetzen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat ebenfalls sein Unverständnis geäußert. »Bestimmte Risiken dieser Verordnung waren bekannt, als wir das beschlossen haben«, sagte der Grünen-Regierungschef.
Dass ungeimpfte Pflegekräfte wegen der Impfpflicht ihren Beruf verlassen könnten, damit habe man schon vor dem Beschluss in Bundestag und Bundesrat rechnen müssen. Kretschmann betonte: »Ich halte mich einfach an die Gesetze.« Auf den Einwand, so argumentiere Söder auch, sagte er: »Dann ist ja gut.« Kretschmann ergänzte: »Wir können ein Bundesgesetz nicht aussetzen.«
CDU-Ministerpräsidenten kritisieren Bundesregierung
Aus den CDU-geführten Ländern gibt es hingegen Rückendeckung für Söders Kritik. Hessen macht Druck im Streit um die gesetzliche Corona-Impfpflicht für Personal von Kliniken und Pflegeheimen. Die Bundesregierung müsse den Bundesländern umgehend konkrete Vorgaben zur Verfügung stellen, wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt werden soll, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Ansonsten sei diese Impfpflicht derzeit nicht vernünftig umsetzbar.
Sie werfe nicht nur für die Länder, sondern auch für die bestehenden Einrichtungen eine Vielzahl von Fragen auf, erklärte der Regierungschef. So sei etwa unklar, ob und nach welchen Regeln eine Lohnfortzahlung für bislang noch ungeimpftes Personal möglich ist. Auch hätten die Gesundheitsämter keinerlei Vorgaben, ob und wie sie bei akutem Personalmangel in den betreffenden Einrichtungen Ausnahmen genehmigen können, sagte Bouffier.
Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bemängelt fehlende einheitliche Regelungen in Deutschland. »Der Bund hat es bis heute versäumt, für die einrichtungsbezogene Impfpflicht wesentliche bundeseinheitliche Regeln vorzulegen«, erklärte Wüst. In der Umsetzung stoße die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf »enorme Schwierigkeiten«.
»Das Beispiel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zeigt, wie wichtig es ist, dass der Bund mit den Ländern frühzeitig den Austausch sucht«, erklärte Wüst. Ein Angebot dazu habe er gemacht. »Solange die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt, werden wir einen möglichst praxisorientierten Weg suchen, sie umzusetzen.«