Bundeskanzler Olaf Scholz hat kurz vor seiner Reise in die USA eine Verstärkung der deutschen Truppen im Baltikum angedeutet. »Wir sind bereit alles Notwendige zu tun, um das zu verstärken«, sagte Scholz am Sonntag in der ARD. Das gelte auch für die Luftüberwachung »im Baltikum und im südlichen Bereich«.
AdvertisementDeutschland ist seit fünf Jahren Führungsnation beim Nato-Einsatz in Litauen und stellt etwa die Hälfte der 1200 Männer und Frauen der multinationalen Einheit. Beschlossen ist die Truppenverstärkung offenbar noch nicht. Er werde in dieser Woche mit den Regierungschefs der baltischen Staaten darüber sprechen, sagte Scholz. »Wir sind entscheidungsbereit.«
Republikaner fordern Stopp von Nord Stream 2
Vor dem Besuch des Kanzlers in Washington kommen aus den USA Forderungen nach einer härteren Gangart Deutschlands in der Ukraine-Krise. »Das Handeln der deutschen Regierung in Bezug auf die Ukraine war bislang im besten Fall enttäuschend«, sagte der ranghöchste Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Senats, James Risch, dem Nachrichtenportal »t-online«. Er verlangte demnach von Scholz eine klare Festlegung, die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen: »Öffentliche Versicherungen der Deutschen, Nord Stream 2 stillzulegen, wären ein überzeugendes und effektives Mittel.« Ob dies nur im Falle eines russischen Einmarschs in die Ukraine gemeint war oder unabhängig davon, blieb in dem Bericht unklar.
Scholz will sich in der Frage aber nicht festlegen. Im Fall einer Invasion in der Ukraine müsse Russland mit »sehr weitreichenden, sehr harten Sanktionen« rechnen, sagte er in der ARD. Nichts sei ausgeschlossen. »Natürlich weiß Russland auch, dass sie sich so vorstellen können, was es alles ist, dass es aber möglicherweise noch viel mehr ist.«
Seine Reise in die USA komme nicht zu spät, sagte Scholz. »Man fährt da nicht einfach hin, um einen Kaffee zu trinken, sondern es geht darum, echte, harte, wichtige Politik zu machen, die in diesem Fall in einer sehr krisenhaften Situation stattfindet.« Es gehe darum, einen Krieg in Europa zu verhindern.
Waffen will Scholz weiterhin nicht in die Ukraine liefern. »Die Mehrheit der Deutschen sieht das genauso wie ich«, betonte Scholz.
Olaf Scholz im Interview am Rande des Rollfelds: »Wir sind entscheidungsbereit«
Foto: Kay Nietfeld / dpa
Nach seiner USA-Reise wird Scholz unter anderem auch nach Moskau reisen. Am Samstag hatte ein Bericht des Tagesspiegel für Aufsehen gesorgt. Demnach sollte die Deutsche Welle Scholz auf seiner Reise nach Russland nicht begleiten dürfen.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit stellte daraufhin auf Twitter klar, dass die Deutsche Welle mitkommen dürfe. »Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Die #DeutscheWelle ist zur Reise des Bundeskanzlers nach Moskau eingeladen«, schrieb er.
Der Bundeskanzler wird auf seinen Reisen in seiner Regierungsmaschine üblicherweise von einer Gruppe von mehr als 20 Journalistinnen und Journalisten begleitet, die ihre Flugtickets selbst zahlen. Die Nachfrage ist immer größer als die Zahl der Plätze im Flieger.
Die Deutsche Welle habe zusammen mit anderen Medien zunächst aus Kapazitätsgründen eine Absage erhalten, erklärte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur am Samstagabend. In anschließenden Gesprächen mit dem Sender habe man dann aber eine »konstruktive Lösung« gefunden.
Scholz will von der Moskau-Absage an die Deutsche Welle aus den Medien erfahren haben
Russland hatte der Deutschen Welle in dieser Woche ein Sendeverbot erteilt sowie die Schließung des Korrespondentenbüros in Moskau und den Entzug der Akkreditierungen der Journalisten verfügt. Deshalb war die Frage, ob eine Reporterin der Deutschen Welle Scholz begleiten darf, zu einer politischen Frage geworden. Offenbar war sich die Bundesregierung dessen erst spät bewusst geworden.
»Ehrlicherweise habe ich aus den Medien davon erfahren«, sagte Scholz zu der Angelegenheit im ARD-Interview. Die Angelegenheit sei vielleicht ein Zeichen, wie aufgeregt die Dinge seien. »Da wird irgendetwas technisch von irgendwelchen Leuten besprochen und bevor man selber überhaupt jemals sich damit befassen kann oder auch nur die zuständigen Leute sich damit befassen können, machen einige schon eine Meldung daraus.«