Die Ampelkoalition streitet über die Zukunft von RKI-Chef Lothar Wieler. Nachdem der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Präsidenten des Robert Koch-Instituts im SPIEGEL scharf kritisiert und eine Ablösung angedeutet hatte, erhielt Wieler am Samstag Unterstützung von Kanzler Olaf Scholz. Auf die Frage, ob Wieler noch das Vertrauen des Kanzlers genieße, sagte eine Regierungssprecherin am Samstag »Ja«.
AdvertisementEin wenig leidenschaftlicher nahmen die Grünen den RKI-Chef in Schutz. »Lothar Wieler hat in der Pandemie unfassbar viel geleistet. Seine Expertise, die Fachlichkeit, die Standhaftigkeit bei Angriffen vom Wissenschaftsfeinden verdient Respekt«, schrieb Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt auf Twitter. Für seine Arbeit, die weit über das Selbstverständliche hinausgehe, sei sie sehr dankbar.
Ähnlich äußerte sich der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. »Seine Expertise ist von unschätzbarem Wert. Ohne ihn stünden wir heute viel schlechter da«, schrieb er auf Twitter. »Wer verantwortlich ein Land regieren möchte, sollte verantwortlich mit der eigenen Exekutive umgehen. Menschen öffentlich ›anzuzählen‹ ist nicht nur unverantwortlich, sondern so geht man einfach nicht miteinander um!«
»Des Vertrauens der FDP kann sich Herr Wieler nicht mehr sicher sein«
Djir-Sarai hatte dem SPIEGEL gesagt, Wieler könne sich »des Vertrauens der FDP nicht mehr sicher sein«. Auslöser ist die Verärgerung über die Verkürzung des Genesenenstatus. Das RKI habe den Zeitraum »quasi nebenbei mit einem Federstrich und ohne jegliche Ankündigung« reduziert, kritisierte der FDP-Politiker. Dies sei kein Einzelfall, sondern eine »neuerliche Verfehlung«.
Die überraschende Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate führte dazu, dass Personen ohne vollen Impfstatus plötzlich nicht mehr in Restaurants, Bars oder in Fitnessstudios gehen konnten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte von Kommunikationsproblemen mit dem RKI gesprochen.
Ampel ringt um Coronakurs
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein tiefergehender Konflikt in der Koalition über mögliche Lockerungen. Zwischen SPD, FDP und Grünen ist umstritten, ab wann es Öffnungsschritte geben soll. FDP-Chef Christian Lindner hatte diese Woche Lockerungen wie etwa die Abschaffung der 2G-Regel im Handel gefordert.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte angesichts der stark steigenden Zahl der Coronaneuinfektionen gesagt, es sei zu früh, einen Fahrplan für Öffnungen vorzulegen. Ähnlich äußerte sich am Freitag auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). RKI-Präsident Wieler befürwortet in der Pandemie einen härteren Kurs in der Pandemiebekämpfung.
Das RKI erwartet nach Modellrechnungen den Höhepunkt der Omikron-Welle Mitte Februar.