Die Europäische Union will mit Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern stärker global Einfluss nehmen. Das Projekt macht Chinas Vorhaben für eine »Neue Seidenstraße« Konkurrenz, an dem die Volksrepublik schon seit Jahren in vielen Ländern arbeitet.
Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel mitteilte, sollen über die neue Initiative namens Global Gateway in den kommenden sechs Jahren bis zu 300 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.
AdvertisementGeplant sind etwa Projekte zur Energieerzeugung mit klimaneutralem Wasserstoff in Afrika und eine neue Unterwasserkabelverbindung zum Datentransport zwischen der EU und Lateinamerika. Zudem ist die Unterstützung von Schulen und Bildungssystemen vorgesehen.
Hintergrund ist der stark wachsende Einfluss Chinas, das mit seiner Initiative für eine »Neue Seidenstraße« international massiv in Infrastrukturprojekte investiert. Staaten wie Deutschland dringen deshalb bereits seit Längerem auf ein stärkeres Engagement der EU in diesem Sektor. Kritiker der bereits 2013 gestarteten »Neuen Seidenstraße« warnen arme Länder regelmäßig vor einer Schuldenfalle, politischer Abhängigkeit und mangelndem Umweltschutz.
Wirtschaftsvertreter äußerten sich optimistisch, dass das EU-Projekt etwas bewegen kann. »Die Finanzierungszusagen und angekündigten Investitionen machen die europäische Strategie Global Gateway zu einer ernstzunehmenden Alternative zu der chinesischen Seidenstraße-Initiative«, sagte Wolfgang Niedermark vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die chinesischen Infrastrukturangebote seien oft ohne Konkurrenz. Es sei höchste Zeit, Angebote zu europäischen Standards anzubieten.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Peter Adrian, äußerte sich ähnlich. Die Initiative komme zum richtigen Zeitpunkt. Entscheidend sei nun, dass die neue Bundesregierung rasch zum positiven Impulsgeber in der EU-Handelspolitik werde. Abkommen in Lateinamerika, im Indopazifik sowie in der EU-Nachbarschaft könnten die Wettbewerbsfähigkeit gerade der kleinen und mittelständischen Unternehmen stärken. Er spielte darauf an, dass etwa das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur derzeit wegen politischer Widerstände auf Eis liegt.
Zuschüsse in Milliardenhöhe
Die bis zu 300 Milliarden Euro aus der neuen Global-Gateway-Initiative sollen bis Ende 2027 fließen. Von der Summe werden nach den Planungen bis zu 135 Milliarden Euro über den Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+) und 145 Milliarden Euro über andere europäische Finanzierungsinstitutionen mobilisiert. Zuschüsse von bis zu 18 Milliarden Euro sollen zudem aus EU-Programmen kommen, die nicht über den EFSD+ finanziert werden.