Anlässlich des Europäischen Antibiotikatags haben zahlreiche Organisationen strengere Regeln für Medikamente in der Tierhaltung gefordert. Einem Statement zufolge, an dem sich unter anderem Greenpeace, Germanwatch, die Deutsche Umwelthilfe und der Verbraucherzentrale Bundesverband beteiligten, sollen Reserveantibiotika aus der industriellen Tierhaltung verbannt werden, um die Entwicklung resistenter Erreger zu verhindern.
Sogenannte Reserveantibiotika werden üblicherweise bei Infektionskrankheiten für Menschen verwendet, wenn normale Antibiotika nicht mehr wirken. Die Reserveantibiotika sollten möglichst selten eingesetzt werden, um ihre Wirksamkeit durch sich entwickelnde Resistenzen nicht zu gefährden. Je mehr ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto eher setzen sich resistente Erreger-Subtypen durch.
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Das Problem: Antibiotika werden in der Nutztierhaltung in Europa zur Prophylaxe und in anderen Ländern sogar zur Wachstumssteigerung eingesetzt, dadurch steigt das Risiko, dass sich resistente Keime bilden können. Solche antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgene können auch zwischen Mensch und Tier übertragen werden.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 werden in der Tiermast global dreimal mehr Antibiotika und ähnliche Medikamente eingesetzt als in der Humanmedizin. Der große und steigende Einsatz sei unter anderem eine unmittelbare Folge des wachsenden Fleischkonsums.
EU spricht von »stiller Pandemie«
Die Folgen sind global zu spüren, die EU-Kommission spricht bereits von einer »stillen Pandemie«. Demnach sterben jährlich weltweit 700.000 Menschen wegen Antibiotikaresistenzen. In der EU sind es 33.000 Menschen. Ändert sich nichts, rechne man mit zehn Millionen Toten bis 2050.
»Das Problem der Antibiotikaresistenzen muss vor allem politisch gelöst werden«, sagte SPD-Politiker Tiemo Wölken in einer Pressemitteilung. Zuletzt scheiterten die Grünen im Europaparlament daran, strengere Regeln für die Antibiotikabehandlung von Tieren durchzusetzen. Die Vorschläge hatten Protest beim Verband praktizierender Tierärzte ausgelöst, der eine Unterschriftenaktion gegen die Pläne startete.