Die EU bereitet sich darauf vor, dass die britische Regierung den Streit über die Umsetzung der Brexit-Vereinbarungen über Nordirland eskalieren lässt. Die Mitgliedstaaten verabredeten für diesen Fall »robuste« Maßnahmen gegenüber Großbritannien. Das bestätigten EU-Diplomaten am Mittwoch in Brüssel.
Großbritannien und die Europäische Kommission verhandeln seit einem Monat über Handelsvereinbarungen für Nordirland, die Kontrollen bei der Einfuhr von Waren aus Großbritannien vorsehen. Die Kontrollen sind notwendig, um die Einführung einer harten Grenze zwischen der britischen Provinz und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden. Die britische Regierung will von der eingegangenen Verpflichtung aber wieder abrücken (lesen Sie hier mehr).
Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maros Sefcovic, informierte am Mittwoch die EU-Botschafter in Brüssel und teilte ihnen nach Angaben von EU-Diplomaten mit, dass die Gespräche mit Großbritannien nicht gut liefen, aber fortgesetzt werden sollten.
Brexit-Minister ruft EU zu Besonnenheit auf
Der zuständige britische Minister David Frost drohte erneut damit, die Abmachungen des Nordirland-Protokolls teilweise außer Kraft zu setzen. Gleichzeitig rief er die EU zur Besonnenheit auf. »Ich empfehle höflichst, dass unsere europäischen Freunde ruhig bleiben und nicht das Maß verlieren sollten«, so Frost weiter. Es gebe noch eine »echte Gelegenheit« eine Konfrontation zu vermeiden und ein neues Gleichgewicht zu erreichen. Derzeit scheine Brüssel aber die Haltung einzunehmen, dass ein Auslösen von Artikel 16 durch London »unverhältnismäßige Gegenmaßnahmen« nach sich ziehen müsse, so Frost.
Premierminister Boris Johnson hatte im Rahmen des Brexit-Abkommens im Jahr 2020 das sogenannte Nordirland-Protokoll unterzeichnet. Seither argumentiert er jedoch, dass es in Eile vereinbart worden sei und Nachbesserungen notwendig seien. Die EU und auch die Bundesregierung lehnen eine Neuverhandlung ab. Die EU-Kommission hatte aber angeboten, dass die EU die Zollvorschriften und Kontrollen des Güterverkehrs zwischen dem britischen Kernland und Nordirland abspeckt.