Der Europäische Plan zur Krebsbekämpfung (Europe’s Beating Cancer Plan) gilt als Flaggschiff der gesundheitspolitischen Initiativen der Europäischen Kommission und Masterplan im Kampf gegen Krebs.
Als erste konkrete Initiative unter diesem Plan hat die Kommission nun einen Entwurf zum Arbeitsschutz vorgelegt. Die vorgeschlagene vierte Änderung der EU-Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene (sog. ‚Krebsrichtlinie’) legt neue oder revidierte verbindliche Grenzwerte für die berufsbedingte Exposition gegenüber drei krebserregenden Stoffen fest.
Laut der Kommission verursacht die Freisetzung von krebserregenden Stoffen (Karzinogene) am Arbeitsplatz jedes Jahr ungefähr 120,000 Krebsfälle in der EU. Dies führt zu 80,000 Todesfällen jährlich, was die Hälfte der am Arbeitsplatz verursachten Todesfälle ausmacht. Laut Schätzungen würden mehr als 1,1 Millionen Arbeitnehmer aus vielen verschiedenen Sektoren von einem verbesserten Schutz profitieren. Seit 2014 hat die EU neue und strengere Grenzwerte für 27 Karzinogene erlassen.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Bauarbeiter in den kommenden Jahren mit noch mehr Dämmmaterial und Abfällen von Isolationsprodukten in Kontakt kommen werden. Die Europäische Kommission gab neulich bekannt, dass die Renovierungsrate in den EU- Mitgliedstaaten sich verdoppeln muss, um ihr Klimaziel 2030 zu erreichen. Erst letzte Woche erklärte die Kommission in einer Kommunikation zur
Renovierungswelle, wie sie dieses Ziel erreichen könne.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob nicht auch Bauarbeiter zusätzlichen Schutz benötigen, wenn sie mit dem weitverbreiteten Dämmmaterial Mineralwolle arbeiten. Mineralwolle wird mit dem Karzinogen Formaldehyd als Bindemittel produziert. Formaldehyd ist auf der
Prioritätenliste des EU-Gewerkschaftsdachverbandes und wurde 2019 in der Krebsrichtlinie reguliert. Die EU-Verordnung zur Klassifizierung, Kennzeichnung und Verpackung von Substanzen stellt Mineralwolle im Allgemeinen unter Krebsverdacht. Sie erlaubt allerdings Ausnahmen von diesem „Verdacht auf karzinogene Wirkung beim Menschen”, und die Krebsrichtlinie schützt Arbeitnehmer zurzeit nicht vor Mineralwolle als solcher.
Eine
wissenschaftliche Veröffentlichung von 2009 beschreibt, dass Mineralwollabfälle dieselben Eigenschaften haben wie das ursprüngliche Dämmprodukt. Dies würde das krebserregende Potential ‚alter’ Mineralwolle und von Sekundärkomponenten wie Binde- und Schmiermittel einschließen.
Anfang dieses Jahres nannte der öffentliche Österreichische Fernsehsender
ORF die Mineralwollabfälle ‚ebenso krebserregend wie Asbest’ und berichtete über damit verbundene Probleme mit dem sicheren Umgang mit ihnen.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die EU-Institutionen den Bedenken hinsichtlich der Verwendung von Mineralwolle annehmen werden.