Zuletzt lief es ziemlich rund für Olaf Scholz. In der Coronakrise hat er eine passable Figur abgegeben, seine persönlichen Umfragewerte können sich sehen lassen. Und selbst die sehr linke und chronisch widerspenstige Parteispitze um Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans schien endlich kapiert zu haben, dass an Scholz als Kanzlerkandidat der SPD kein Weg mehr vorbeiführt.
Doch ausgerechnet jetzt, da Scholz seinem großen Ziel so nahe ist, wirft sein Umgang mit der Skandalfirma Wirecard unschöne Fragen auf – und droht die aufkeimende Hoffnung in seinem Lager zu ersticken. Dass die kritischen Fragen sich nicht nur an ihn richten, sondern auch an das Kanzleramt und Regierungschefin Angela Merkel, dürfte ihn dabei kaum trösten.
Die Pleite des Dax-Konzerns Wirecard, ehemals Hoffnungsträger der deutschen Wirtschaft, wird immer mehr zur Regierungsaffäre. Nur zögerlich, als gäbe es etwas zu verbergen, räumte das Bundespresseamt auf Anfragen des SPIEGEL ein, dass sich die Kanzlerin auf einer Chinareise persönlich für den Zahlungsdienstleister eingesetzt hatte, obwohl erste Hinweise auf Markt- und Bilanzmanipulationen im Kanzleramt bekannt waren.