Auf den ersten Blick gibt es nicht viel, was Angela Merkel und Markus Söder verbindet. Sie ist die Kanzlerin der Nüchternheit, er liebt die grelle Inszenierung, von seinen Shrek- und Marilyn-Monroe-Kostümen im fränkischen Fasching bis zur jüngsten, operettenhaft überdrehten Merkel-mag-Söder-Show im Märchenschloss von Herrenchiemsee.
Und doch sind sich die beiden Unionspolitiker ähnlicher, als es scheint. Für Merkel wie Söder heißt regieren, der Stimmung im Volk zu folgen. Beide sind bereit, Überzeugungen bei Bedarf über Bord zu werfen. Und beide wissen, dass Krisen politische Chancen sind. Für grundlegende Reformen wie die Energiewende, die Merkel nach dem Atomunfall von Fukushima durchsetzte. Oder um sich als Macher zu profilieren, wie es Söder in der Coronakrise gelang. Vor der Pandemie war Söder ein Provinzfürst. Seither ist er der entschlossene Wächter des Lockdowns an der Seite der Kanzlerin; weshalb ihn die Deutschen nun zu ihrem Favoriten für das Kanzleramt erkoren haben – eine Wahl, die Merkel offenkundig gefällt.