Es schien zuletzt nicht so, als habe Horst Seehofer ein gesteigertes Interesse an Studien im Zusammenhang mit der Polizei. Eine angekündigte Untersuchung über rassistische Kontrollen durch Beamte sagte der Bundesinnenminister kurzerhand ab, eine andere Studie über “rechtsextremistische Haltungen und Handlungen” liegt im Ministerium auf Eis.
Doch Seehofer ist immer für eine Überraschung gut. “In Deutschland reden ja gerade viele über Polizei-Studien”, sagte der CSU-Politiker dem “Münchner Merkur”. “Wir bräuchten nach meiner Überzeugung eine Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte.” Eine solche Untersuchung müsse erfragen, “was führt in Deutschland seit Längerem dazu, dass die Polizei – bis in wichtige Bereiche der Politik und der Medien hinein – so beschimpft und verunglimpft wird?”
Neu ist Seehofers Forschungsidee jedoch nicht: Im Gegensatz zur kaum vorhandenen Datengrundlage beim Thema Racial Profiling gab es bereits mehrere Untersuchungen zu Gewalt gegen Polizisten, etwa eine Befragung von Beamten in zehn Bundesländern 2012 und eine Studie in Nordrhein-Westfalen von 2013. Letztere konstatierte unter anderem eine zunehmende Gewaltbereitschaft, die auf eine vielfach überforderte Polizei treffe.
Der Bundesinnenminister war zuletzt in die Kritik geraten, weil er eine von seinem Ministerium in Aussicht gestellte Studie über Rassismus in der Polizei abgesagt hatte. Er begründete dies damit, dass Rassismus in der Polizei kein strukturelles Problem und das zu untersuchende Racial Profiling verboten sei. Die Opposition kritisierte ihn dafür scharf, das SPD-geführte Bundesjustizministerium forderte ein Festhalten an der Rassismus-Studie. Aus mehreren Bundesländern gab es daraufhin Signale, dass eine Untersuchung auch ohne den Bund möglich sei.
Seehofer nahm zur Begründung seiner neuen Forderung Bezug auf Krawalle in Frankfurt am Main in der Nacht zum Sonntag. Auf dem Opernplatz waren Polizisten nach offiziellen Angaben aus einer Menge von Hunderten Feiernden massiv mit Flaschen beworfen worden.
Mehrere Beamte wurden demnach verletzt. 39 Tatverdächtige seien vorläufig festgenommen worden. Als Reaktion auf die Krawalle beschloss die Stadt am Montag ein Betretungsverbot für den Opernplatz an Wochenenden. Seehofer verlangte angesichts der Ereignisse größeren Respekt für die Polizei. “Wir brauchen die Rückkehr zu einem Grundkonsens in unserer Gesellschaft”, sagte er. “Polizeibeamte handeln im Auftrag der Gemeinschaft. Die schlägt man nicht, bespuckt man nicht, beleidigt man nicht.”
Polizei und Justiz müssten nun entschlossen vorgehen, die Täter müssten empfindlich bestraft werden: “Die Strafandrohung ist ein Modul, es geht aber auch darum, den Strafrahmen auszufüllen. Es darf da keine Toleranz geben”, sagte Seehofer. Über ein mögliches Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen sagte Seehofer: “Auch der Alkoholkonsum ist ein Teilaspekt. Wir müssen uns insgesamt mit der Frage beschäftigen, wie wir diese Gewaltexzesse verhindern können.”